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Berlin: Bilingualer Unterricht: Soll Berlin von Kalifornien lernen oder besser nicht?

Das angeblich "verzerrte Bild" über zweisprachige Erziehung zurechtrücken und eine "positive Grundeinstellung" zu dem Thema vermitteln - das wollten die Referenten der Diskussionsveranstaltung am Dienstagabend im Haus der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Schöneberg. Die Veranstaltung war auf Initiative von Andrea Heintze und Carol Pfaff zustande gekommen.

Das angeblich "verzerrte Bild" über zweisprachige Erziehung zurechtrücken und eine "positive Grundeinstellung" zu dem Thema vermitteln - das wollten die Referenten der Diskussionsveranstaltung am Dienstagabend im Haus der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Schöneberg. Die Veranstaltung war auf Initiative von Andrea Heintze und Carol Pfaff zustande gekommen. Pfaff ist Professorin für Sprachwissenschaft am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikanische Studien, wo sie unter anderem empirische Untersuchungen zu zweisprachigen türkischen Kindern durchgeführt hat. Heintze ist Lehrer an der Jens-Nydahl-Grundschule in Kreuzberg und zudem Mitglied des selbsternannten und privat organisierten "Berliner Instituts für Mehrsprachigkeit."

Ausgangspunkt der Veranstaltung waren die großangelegten Studien in Kalifornien und Arizona, mit deren Hilfe US-Pädagogen zuletzt im August festgestellt hatten, dass Einwanderer-Kinder ohne besondere zweisprachige Schulklassen erfolgreicher lernten. Dies erregte auch in Berlin Aufsehen, zumal sich hier jüngst ausgerechnet eine der Vorreiter-Schule für die zweisprachige Alphabetisierung von dem Konzept verabschiedete, womit in Berlin nur noch sieben von ursprünglich 19 Schulen an diesem Integrations-Konzept teilnehmen (wir berichteten).

Carol Pfaff versuchte mit Hilfe der Ergebnisse ihrer Studien zu beweisen, dass nicht die Zweisprachigkeit das Problem an den Schulen mit hohem Ausländeranteil sei, sondern das Lernkonzept. "Es ist wichtig, den Kindern in den Schulen die Botschaft zu vermitteln, dass ihre Sprache, die sie von zu Hause mitbringen, nicht schlecht ist." Dies sei in Amerika beispielsweise bei Kindern von Indianern erfolgreich praktiziert worden, die tatsächlich anschließend selbstbewusster mit ihrer eigenen Sprache umgingen. Auch Andrea Heintze meinte, dass in den verbliebenen sieben Berliner Schulen, die noch am zweisprachigen Integrationskonzept festhalten, die Erfahrungen gut seien. "Die Kinder fühlen sich angesprochen und das stärkt ihr Selbstwertgefühl", sagte Hintze.

Carol Pfaff führte mit Hilfe ihres Thesenpapiers auf, wie facettenreich das Thema ist. Die Fragen, die dabei entstehen, könnten deshalb nicht mit einer einzigen Erklärung beantwortet werden. "Es gibt keine Antwort, wie man Zweisprachigkeit definieren kann", sagte sie. Ebenso, meinte Heintze, gebe es keinen theoretischen Nachweis, dass Kinder nach einem Schnellkurs in der zweiten Sprache fit seien. Beispielsweise hat Carol Pfaff die Trennung und Mischung der Sprachen bei einem achtjährigen türkischen Jugen untersucht. Er hat Deutsch und Türkisch massiv gemischt. "Dass ein Kind kein Deutsch kann, liegt nicht daran, dass es Türkisch kann", sagte sie. Und solange es keine Forschungen darüber gebe, die das Gegenteil beweisen könnten, könne auch nicht das Ende der zweisprachigen Erziehung eingeläutet werden.

Das Fazit des Abend lautete deshalb: Die derzeitige Forschungslage rechtfertige die Annahme nicht, dass mit der Abschaffung des zweisprachigen Unterrichts alles besser werde.

Suzan Gülfirat

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