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Berlin: Billig, lebenswert, familientauglich

14 Metropolen von London bis Peking im Vergleich: Berliner loben ihre Stadt, haben viel Heimatgefühl – und schimpfen über die Ämter

Die Berliner und ihre Stadt – das ist eine glühende, aber auch widersprüchliche Liebesbeziehung. Die meisten Berliner haben ein weitaus stärkeres Heimatgefühl als die Londoner oder Pariser, sie mögen Berlin schon allein wegen des reichen Kultur- und Freizeitangebotes. Doch sie sind auch genervt und unzufrieden – besonders wegen des Schmutzes, ihrer bürokratischen Verwaltung oder der Arbeitslosigkeit. Und das erheblich mehr als die Bewohner anderer Großstädte. Dies sind Ergebnisse einer gestern vorgestellte repräsentativen Studie des Internationalen Institutes für Marktforschung (Ipsos) zum Lebensgefühl in vierzehn Metropolen. Der in Berlin an den Wasserbetrieben und Privatbahnen beteiligte französische Konzern „Veolia“ hat den weltweiten Städtevergleich in Auftrag gegeben.

„Berlin macht die Berliner offenbar glücklich – obwohl sie gerne meckern“, so das Resümee des Leiters der Untersuchung, Kay Koschek. Laut Studie haben nur 41 Prozent der Menschen in der deutschen Hauptstadt auch negative Empfindungen, wenn sie an ihren Wohnort denken, im Durchschnitt sind es 54 Prozent.

Aus Sicht der meisten Berliner punktet ihrer Stadt beispielsweise durch die zahlreichen Chancen, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Folglich spielt das Thema „Vereinsamung“ eine vergleichsweise geringere Rolle als anderenorts. Dazu trägt auch die überdurchschnittliche Offenheit der Berliner gegenüber der multikulturellen Bevölkerung ihrer Stadt bei. Als kommunikationsfördernd wird zudem das engmaschige öffentlichen Nahverkehrsnetz angesehen. BVG und S-Bahn erhalten ein großes Kompliment. Bei der Frage: „Was gefällt Ihnen in ihrer Stadt am besten?“ rangieren sie mit 46 Prozent gleich hinter den Sport- und Kulturangeboten. Das alles scheint in Berlin vor allem bei Frauen den Trend zu verstärken, nach einer Familiengründung in der Stadt zu bleiben und nicht ins Umland zu ziehen. 70 Prozent der in Berlin dazu Befragten erklärten, sie wollten ihre Kinder in der Stadt großziehen, in Paris waren es 63 Prozent, in London 48 Prozent.

Zur Attraktivität Berlins für junge Eltern trägt offenbar auch bei, dass gut 50 Prozent der Berliner ihre Metropole auch ohne großes Einkommen für lebenswert halten. In Paris sind es 13, in New York nur neun Prozent. Umgekehrt fürchten sie sich deshalb wohl in besonders hohem Maße vor den steigenden Lebenshaltungskosten und Arbeitslosigkeit. Hier müsse etwas geschehen, ist die mehrheitliche Konsequenz. „Für die politisch Verantwortlichen in Berlin ergibt sich an diesem Punkt ein klarer Handlungsauftrag“, hieß es gestern bei der Präsentation der Studie.

Ausgesprochen unzufrieden sind die Berliner auch mit der mangelnden Sauberkeit der Straßen und ihren „schlechten Verwaltungen im öffentlichen Dienst“ (siehe Grafik). Lärm und Umweltprobleme spielen als Ärgernis hingegen eine geringere Rolle, „vermutlich, weil Berlin zu Recht schon als sehr grüne Stadt erlebt wird“, so die Studie. Für die kommenden Jahre wünscht sich die Mehrheit der Befragten neben wirtschaftlicher Sicherheit vor allem einen verlässlichen Schutz vor Kriminalität (42 Prozent). Aktuell scheint das Unsicherheitsgefühl aber keine so große Rolle zu spielen. Auf die Frage „Was gefällt Ihnen überhaupt nicht an Berlin?“ antworteten nur 17 Prozent: „die Unsicherheit“.

In die Zukunft Berlins schauen die meisten Hauptstädter allerdings nicht überragend optimistisch. Nur 59 Prozent trauen ihrer Stadt gute Entwicklungsmöglichkeiten zu, in den Städten der wirtschaftlich aufstrebenden Länder Asiens und Osteuropas sind es weitaus mehr, beispielsweise in Peking 80 Prozent, in Shanghai 85 Prozent, in Prag 75 Prozent.

Die Fragen zur Studie beantworteten nach Angaben von Veolia vom 2. September bis 30. November 2007 insgesamt 633 Berliner. Sie wurden nach Alter, Geschlecht und Bezirkszugehörigkeit repräsentativ ausgesucht. Auch die möglichen Unterschiede zwischen dem Ost- und Westteil der Stadt habe man dabei berücksichtigt, heißt es. Weltweit wurden 8608 Teilnehmer in Schanghai, Peking, Lyon, Chicago, Prag, Paris, Sydney, Los Angeles, New York, Berlin, London, Tokio, Alexandria und in Mexiko befragt.

Die Studie im Internet:

www.veoliawasser.de

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