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Berlin: Billiger nur in eine Richtung

Die Regelung für das Einzelticket im Nahverkehr bleibt umstritten. Ein Pro und Contra

Es war einmal, da war es sehr günstig, mit einem Einzelfahrschein für den Nahverkehr durch eine große Stadt zu fahren. Berlin hieß sie. Zwei Stunden lang durften die Fahrgäste hin und her, vorwärts und zurück fahren. Woanders gab und gibt es diese Möglichkeit nur ganz selten. Auch in Berlin war es damit 2004 vorbei. Von nun an galt das Einzelticket nur noch für Fahrten in eine Richtung. Umwege oder gar Rückfahrten waren nicht mehr zugelassen. Dabei muss es nicht bleiben, denn Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) hat jetzt angeregt, darüber nachzudenken, ob die alte Regelung wieder eingeführt werden kann.

Das Abschaffen der Fahrt in alle Richtungen war 2004 ein Kompromiss. Der Einzelfahrschein, der damals 2,20 Euro fürs Stadtgebiet kostete, sollte bei der „Tarifanpassung“ nicht wie sonst immer erneut teurer, sondern damals sogar billiger werden. Der auf zwei Euro gesenkte Preis war jedoch vom Senat bei der BVG und der S-Bahn nur mit dem Verzicht auf die Rückfahrt durchzusetzen. Wenn Fahrgäste für die Rückfahrt wieder einen Fahrschein kaufen müssen, gliche dies den Einnahmeverlust durch den gesenkten Preis aus, kalkulierten die Verkehrsbetriebe. Nach ihrer Rechnung mussten nun zehn bis zwölf Prozent der Fahrgäste, die vorher die Rückfahrmöglichkeit nutzten, fast doppelt so viel zahlen, die große Mehrheit der Kunden dagegen konnte etwas billiger fahren. Inzwischen kostet der Einzelfahrschein 2,10 Euro. Die von der BVG und der S-Bahn geplante Erhöhung auf 2,30 Euro – ohne Rückfahrmöglichkeit – hatte der Senat gestoppt. Würde die Rückfahrt wieder eingeführt, müsste der Preis des Einzelfahrscheins um 20 oder gar 30 Cent steigen, argumentieren die Verkehrsunternehmen. Nur so könne der Einnahmeverlust ausgeglichen werden.

Geringere Einnahmen hatten BVG und S-Bahn nach der Tarifumstellung aber auch, weil viele Kunden auf Fahrten, die sie vorher innerhalb von zwei Stunden zurücklegen konnten, ganz verzichteten. Sie gehen jetzt zu Fuß oder fahren mit dem Rad. Wie viele Fahrgäste abgesprungen sind, haben die Verkehrsunternehmen nicht mitgeteilt.

Würde der Einzelfahrschein jetzt mit einer Rückfahrmöglichkeit deutlich teurer, würden aber auch hier Fahrgäste reagieren und auf Bahn- oder Busfahrten verzichten, heißt es bei der BVG und der S-Bahn. Eine Untersuchung des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) hat ergeben, dass Berliner und Brandenburger Kunden besonders empfindlich auf Preissteigerungen im Nahverkehr reagieren.

Und der Preis des Einzelfahrscheins ist schon heute einer der höchsten in Deutschland. Allerdings kann man damit auch überdurchschnittlich weit fahren – aber eben nur in eine Richtung. Und wenn es nach den Verkehrsbetrieben geht, wird sich daran auch nichts ändern.

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