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Berlin: Billigflieger: Bruchlandung von Branson in Berlin

"Wir haben noch nie eine Route wieder eingestellt", hatte der britische Milliardär Richard Branson verkündet, als er am 10. November letzten Jahres antrat, auch den Berlin-Verkehr zu revolutionieren.

"Wir haben noch nie eine Route wieder eingestellt", hatte der britische Milliardär Richard Branson verkündet, als er am 10. November letzten Jahres antrat, auch den Berlin-Verkehr zu revolutionieren. "Your right to fly for less" (Ihr Recht für weniger zu fliegen) lautet das Motto seiner Niedrigpreis-Linie Virgin Express. Billigflügen von Schönefeld nach Brüssel, London und Rom sollten bald weitere Verbindungen folgen. Jetzt steht Branson vor dem Scherbenhaufen seines Berlin-Engagements. Nachdem bereits zum Beginn des Winterflugplans der tägliche Dienst in die italienische Hauptstadt eingestellt wurde, zieht sich das in wirtschaftliche Turbulenzen geratene Unternehmen ganz aus der deutschen Hauptstadt zurück. Am 15. Januar startet der letzte Virgin-Jet in Schönefeld.

Unter dem Dach einer in London ansässigen Holding operiert die Luftverkehrsgesellschaft unter belgischer Lizenz von Brüssel aus. Ein Teil der Flüge - darunter die Berlin-Dienste - wird von einer Schwesterfirma im irischen Shannon durchgeführt. Der schwache Euro und die hohen Treibstoffpreise lassen die roten Jets seit 1999 kräftig in die roten Zahlen düsen. Ende September hatte das diesjährige Minus bereits eine Rekordhöhe von 55 Millionen Mark erreicht. Um den Gesamtbetrieb zu retten, will sich das Unternehmen jetzt auf die Gewinn bringenden Strecken von der belgischen Hauptstadt Brüssel aus konzentrieren, sagte Firmensprecher Yves Paneels. Virgin Express Ireland, die mit 220 Mitarbeitern 8 der 22 geleasten Jets betreibt, steht zum Verkauf.

Betroffen sind knapp 1600 Berliner, die Virgin Express-Flüge nach dem 15. Januar gebucht und schon bezahlt haben. 1218 wollten bis Ende März nach London, 356 nach Brüssel. Wenn bis zum 20. Dezember kein Käufer für die irische Airline gefunden wird, der obendrein die verlustreichen Routen übernimmt, erhalten die Passagiere ihr Geld zurück, so Paneels. In Branchenkreisen gilt eine Übernahme als unwahrscheinlich.

Vor gut einem Jahr hatte Richard Branson noch angekündigt, das Virgin-Express-Streckennetz ab Berlin binnen 18 Monaten auf weitere Zielorte wie Barcelona, Madrid, Nizza, Shannon und Stockholm auszudehnen. Binnen weniger Jahre wollte der Multiunternehmer einen Marktanteil von jährlich bis zu einer Million Hauptstadt-Passagiere erobern. Der "Standortnachteil" Schönefelds solle mit Schnäppchenpreisen wie 49 Mark nach Brüssel und 59 Mark nach London für den einfachen Flug (zuzüglich Gebühren) ausgeglichen werden, hieß es vor Jahresfrist. "Wir lassen uns nicht unterbieten", versprach Branson. Ermöglicht werden die Niedrigtarife unter anderem durch den Verzicht auf Bordservice und den Betrieb von Vielfliegerlounges. Rund 30 000 Tickets waren nach Angaben des Unternehmens bereits bei der Betriebsaufnahme der Berlin-Dienste verkauft. Doch trotz des viel versprechenden Starts ging die Rechnung nicht auf.

"Wir mussten feststellen, dass viele Leute trotzdem lieber von Tegel fliegen", sagt Yves Paneels. An der unzureichenden Auslastung der beiden täglichen London-Flüge habe sich auch nichts geändert, als Anfang November dort von Stansted zum attraktiveren Flughafen Gatwick gewechselt wurde, wo es zahlreiche interkontinentale Anschlussverbindungen gibt. Ein Umzug von Schönefeld nach Tegel indessen sei für Virgin Express wegen der höheren Gebühren und fehlender Flugkapazitäten zur gewünschten Zeit keine Alternative gewesen. Wie viele Passagiere insgesamt auf den einzelnen Routen von Virgin transportiert worden sind, wollte das Unternehmen nicht sagen.

Bereits zum Jahresbeginn hatte Virgin in Berlin kräftigen Gegenwind zu spüren bekommen. Ausgerechnet in Tegel etablierte sich die britische Billigflug-Konkurrenz "Buzz", deren gelbe Jets dreimal täglich mit guter Auslastung nach London-Stansted starten. Der günstigste Hin- und Rückflug ist hier - wie bei Virgin - zum Endpreis von rund 220 Mark zu haben. Und die nur einmal täglich von Virgin zur Mittagszeit bediente Brüssel-Route (238,50 Mark) erwies sich gegenüber den fünf Sabena-Flügen ab Tempelhof (ab 329,76 Mark) und den drei Lufthansa-Diensten ab Tegel als wenig konkurrenzfähig.

Rainer W. During

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