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Berlin: Bis 15 PS darf jeder mal ans Ruder

Bund erleichtert das Motorbootfahren. Doch es gibt schwere Bedenken.

Rosige Aussichten für Freizeitkapitäne, dunkle Ahnungen bei der Wasserschutzpolizei: Für Motorboote bis 15 PS braucht man künftig keinen Führerschein mehr. Der Bundestag hat diese Regelung bereits beschlossen, bis „voraussichtlich September“ will das Bundesverkehrsministerium die entsprechenden Verordnungen ausgearbeitet haben. Bislang lag die Grenze bei 5 PS.

Mehr Leistung heißt auch mehr Tempo, was es für so manchen potenziellen Kapitän attraktiver machen dürfte, ein Boot zu leihen: Ein 15-PS-Motor erlaubt in etwa doppelt so viel Tempo wie einer mit 5 PS. Schlauchboote schaffen aufgrund des geringen Gewichtes sogar schon Tempo 40. Allerdings gilt auf vielen Wasserstraßen in Berlin ein Tempolimit von 10 bis 15 km/h.

Heikel wird die neue Regelung in der Berliner Innenstadt. Denn bislang war sie für Gefährte unter 5 PS gesperrt und damit nur mit Führerschein befahrbar. Könnte nun eine Armada aus Schlauchbooten und Flößen mit Laien am Ruder die Innenstadt verstopfen? Die Wasserschutzpolizei warnt vor zusätzlichen Gefahren gerade im Zentrum. „Der Platz zwischen den Ausflugsschiffen reicht schon jetzt kaum aus“, schildert der Sprecher die Situation. Das bestätigten auch mehrere Kapitäne von Touristenschiffen. Allerdings wolle man erst einmal abwarten, was die neue Regelung mit sich bringt. So richtig bemerkbar dürfte sie sich erst im kommenden Jahr machen. Denn die Wassersportsaison geht beim geplanten Starttermin im September schon langsam wieder zu Ende.

Für eine mögliche Beschränkung der Zufahrt in die Innenstadt ist das Wasserschifffahrtsamt zuständig, das sich aber offenbar noch nicht entschieden hat. Allerdings gibt es schon jetzt weitere Hürden für grenzenloses Vergnügen auf innerstädtischen Wasserstraßen: Aufgrund mehrerer Großbaustellen wird zwischen 9 und 19 Uhr die innerstädtische Spree für Sportboote und Kleinfahrzeuge ohne UKW-Sprechfunk gesperrt“, heißt es in einer Verordnung. Viele Boote haben jedoch kein Funkgerät an Bord.

Bei der Opposition im Bundestag kam der Beschluss der Regierungskoalition zugunsten „Neuer Impulse für die Sportbootschifffahrt“ gar nicht gut an. So verwies die SPD-Fraktion nach einer Anhörung im Parlament auf Bedenken der brandenburgischen Wasserschutzpolizei. Diese hatte sich in Abstimmung mit den Kollegen der anderen Länder dafür ausgesprochen, im Fall einer Erhöhung der PS-Zahl auch ein Mindestalter für das Bootfahren einzuführen. Außerdem sollte es eine Kennzeichnungs- und Versicherungspflicht geben. Bedenken gibt es laut SPD auch beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) sowie mehreren Wassersportverbänden. Diese fürchten um die Sicherheit der Segler, Surfer und Ruderer, weil mehr ungeübte Bootsführer unterwegs sein werden, „die die grundlegenden Verhaltensregeln auf dem Wasser nicht beherrschen“.

Solche Ängste gab es auch, als auf vielen Brandenburger Wasserstraßen die genannte Charterscheinregelung eingeführt wurde: Touristen können sich Hausboote ausleihen und erhalten von den Verleihern nach einer entsprechenden Einweisung in Theorie und Praxis eine Erlaubnis für den Zeitraum der Ausleihe. Doch entgegen anfänglicher Befürchtungen kam es dadurch zu keiner spürbaren Erhöhung der Unfallzahlen.

Begrüßt wird die 15-PS-Regelung dagegen von den meisten Bootsverleihern. Sie erhoffen sich bessere Geschäfte. Sie setzen vor allem auf junge Leute, die bislang wenig Interesse an schwach motorisierten Booten zeigten. Daher gehört auch der ADAC zu den Befürwortern. „Der Einstieg in den Wassersport wird durch die neue Führerscheinfreiheit bis 15 PS deutlich leichter und attraktiver.“ Dabei sei es aber von großer Bedeutung, dass die Sicherheit auf dem Wasser weiterhin oberste Priorität besitze. In drei Jahren zeigt sich dann, ob sich alle daran gehalten haben: Dann sollen die Folgen der „Führerscheinfreiheit auf 15 PS“ bewertet werden. Denn laut Verkehrsministerium ist das Ganze zunächst einmal ein Pilotversuch. Claus-Dieter Steyer/Björn Seeling

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