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Berlin: Bischof für eine unkirchliche Stadt

Vor 75 Jahren wurde das Erzbistum begründet – am Wochenende wird gefeiert

Der Evangelische Bund warnte vor der „erdrückenden Herrschaft der römischen Kirche über unser Volksleben“, die Kommunisten vor den „maßlosen Ansprüchen des römischen Klerus“. Es half nichts: Am 13. August 1930 wurden die Berliner Katholiken zu einem eigenständigen Bistum. Das Erzbistum feiert das 75-jährige Jubiläum an diesem Wochenende mit Konzerten und Theateraufführungen und einem Festgottesdienst, an dem auch Bischöfe aus Nachbarstaaten Deutschlands teilnehmen. Auf dem Bebelplatz vor der St. Hedwigs-Kathedrale präsentieren sich am Sonntag 80 Gemeinden, Verbände und Vereine.

Am 13. August 1930 dagegen wurde nicht viel gefeiert, sondern lediglich in Rom ein Papier zur Neuordnung der preußischen Diözesen unterschrieben. Es war ein Verwaltungsakt, dem jahrelange, zähe Verhandlungen zwischen dem Vatikan und Preußen vorausgegangen waren. Die führten 1929 zur Unterzeichnung des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhl und Preußen, in dem ein eigenständiges Bistum Berlin festgeschrieben wurde. Bis dahin hatte das Bistum Breslau die Berliner Katholiken mitverwaltet. Doch das wurde zunehmend schwieriger, weil seit dem Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr Katholiken, vor allem aus Polen und Schlesien, auf der Suche nach Arbeit in die Hauptstadt kamen.

1905 lebten in Berlin 3,1 Million Menschen, elf Prozent von ihnen glaubten an die katholische Kirche. 1922 waren es 446000 – und das in Berlin, das damals schon als die „unkirchlichste Stadt der Welt“ galt. Das katholische Leben spielte sich in 53 Gemeinden ab. Es gab 50 katholische Schulen und eine katholische Volkshochschule, es gab die Pfadfinder, die Caritas und Arbeiter-, Frauen- und Mädchenvereine – und wie heute zu wenig Geistliche. Einer musste im Schnitt 2600 Gläubige versorgen.

Seit Anfang der zwanziger Jahre klagte der Breslauer Bischof, dessen Verwaltungsbezirk von der Ostsee bis in die Tschechoslowakei reichte, dass er den Überblick und die Kontrolle über die Berliner verliere. Dass es so nicht weitergehen konnte, leuchtete auch dem päpstlichen Nuntius Eugenio Pacelli ein, dem Botschafter des Vatikans in Deutschland, der ab 1939 als Papst Pius XII. die katholischen Kirche leitete. Pacelli unterstützte die Pläne eines eigenen Hauptstadt-Bistums. Bereits im November 1929 konnten 12 000 Berliner Katholiken im Sportpalast ihren ersten Berliner Bischof begrüßen. Offiziell im Amt war Christian Schreiber aber erst ab 1930.

Bischof und Priester hatten keine ruhige Gründungsphase, eigentlich war das Berliner Bistum während der 75 Jahre seines Bestehens meistens in der Krise. 1934 begann der Terror der Nazis auch die Katholiken zu bedrängen. Sie durften kaum noch Kundgebungen abhalten, im gleichen Jahr wurde der Vorsitzende der katholischen Laien, Erich Klausener, erschossen, wenige Jahre später die katholischen Schulen geschlossen, Religionsunterricht verboten. Wer sich wie Dompropst Bernhard Lichtenberg auflehnte und etwa Einspruch gegen die Verfolgung der Juden erhob, wurde verhaftet, gefoltert, ermordet. Nach dem Krieg kämpfte das Bistum gegen die Teilung der Stadt, heute gegen die finanzielle Krise und nach wie vor gegen Vorteile der nicht-katholischen Umwelt, etwa bei der Einführung eines staatlichen Religionsunterrichts. Aber nun wird erst einmal gefeiert.

Sonnabend, 16.30 Uhr: Pontifikalvesper in St. Hedwig. Sonntag 12 Uhr: Festgottesdienst auf dem Bebelplatz, anschließend Infostände und ein Bühnenprogramm. Infos unter www.erzbistumberlin.de

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