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Berlin: Bischof Huber: Hartz-Reform schreckt ab und fördert nicht

Oberhaupt der Evangelischen Kirche besucht das Arbeitsamt Mitte und sieht seine Befürchtungen bestätigt

Der Herr im schwarzen Anzug und mit dem goldenem Kreuz auf dem Revers passt nicht recht ins Arbeitsamt Mitte. Er fällt auf im dritten Stock, wo sich die Mitarbeiter um die Arbeitslosen mit den Anfangsbuchstaben S bis U kümmern. Er ist auch nicht arbeitslos, im Gegenteil. Wolfgang Huber, Berliner Bischof, fühlt sich durch die HartzIV-Reformen besonders in die Verantwortung genommen. In zehn Tagen will er zu diesem Thema gar eine Grundsatzrede halten.

Damit er dann nichts Falsches kritisiert, erkundigt sich Huber lieber direkt, wie die Behörden auf die Auszahlung des Arbeitslosengeldes II vorbereitet sind. Das Arbeitsamt Mitte bietet sich besonders an. Es ist zuständig für 63000 Arbeitslose, davon 43 Prozent Langzeitarbeitslose. Der Bischof spricht mit den Behördenchefs und geht bei den Arbeitsvermittlern von Büro zu Büro. Auf den Tischen stapeln sich die „Basisinformationen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende“. Die Mitarbeiter lassen sich nicht besonders beeindrucken vom Bischof. Im Radio dudeln wie jeden Tag Pop-Songs. Von der Betreuerin der Buchstaben S bis U versucht Huber zehn Minuten lang vergeblich, herauszufinden, wie viel ein Empfänger des neuen Arbeitslosengeldes II maximal hinzuverdienen darf, um seinen Anspruch nicht zu verlieren. „Das können wir nur im Großen und Ganzen sagen“, antwortet die Behördenmitarbeiterin. „Da müssen wir auf die neue Software warten“, ergänzt der Behördensprecher. Da sich die Berechnungen an den persönlichen Lebensumständen orientieren, sei das schwer pauschal zu sagen.

„Wie soll ein Arbeitgeber jemandem einen Job anbieten, wenn der nicht mal sagen kann, wie viel er maximal verdienen darf?“, fragt Huber und sieht seine Befürchtungen bestätigt. „Diese Regelung orientiert sich nicht an den Betroffenen und schreckt eher ab, als dass sie fördert.“ Frustrierend findet der Bischof auch, wie mit den Über-50-Jährigen umgegangen wird. In Mitte sind das 20 Prozent der Arbeitslosen. Wenn ein Älterer ins Arbeitsamt kommt, hat er 600 Konkurrenten, resümiert Huber. Nach einem halben Jahr kommt er ins Job-Center. Dort sind es dann 150. Selbst diesen Betreuungsschlüssel, dass ein Mitarbeiter im Job-Center für 150 Personen zuständig ist, werde man nur sukzessive über Jahre erreichen, sagt der Behördensprecher. „Ich weiß nicht, was sich die Politik dabei gedacht hat“, sagt Huber. Für die Behördenangestellten gibt es ein großes Lob: „Die Bereitschaft, sich auf die Reformen einzustellen, ist beachtlich.“ clk

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