zum Hauptinhalt

Berlin: Bissiger die Glocken nie klingen

Satiriker Oliver Kalkofe macht am ersten Weihnachtstag eine Show im Ku’damm-Theater. Inklusive Umtausch von doofen Geschenken.

So eine Bescherung: Jetzt spielt der Kalkofe auch noch den Weihnachtsmann. Doch wie es manchmal geht, wenn leises Klingeln süßer Glocken, Tannengrün, Spekulatiusduft und der traute Anblick blanker Kinderaugen näher rücken, werden aus bösen Satirikern und abgefeimten Fernsehnasen plötzlich liebe Menschen, Weihnachtsfans so wie du und ich.

Nichts da mit „besinnlich-böser Weihnachtsshow“, wie Oliver Kalkofe sein Festtagsprogramm „Wenn’s denn sein muss: frohes Fest!“ im Theater am Ku’damm angekündigt hat. Kaum sitzt man mit Kalkofe oben bei Mövenpick und schaut aus dem Europacenter über das Weihnachtsmarktgewimmel auf dem Breitscheidplatz, stellt sich heraus, dass er gewiss kein Christkind-Terminator ist.

Im Gegenteil, er habe schon lange mal Lust auf eine Weihnachtsshow gehabt. Und als das Theater am Ku’damm, wo er neulich erst mit Achim Mentzel gastierte, ihm den ersten Festtag dafür anbot, nahm er kurzerhand an. Heiligabend werde dadurch ein bisschen nervig für seine Familie. „Wenn die schon Geschenke auspacken, bastele ich noch am Programm.“

Der natürlich auch bei Kalkofes daheim in der Charlottenburger Stube reichlich prasselnde Präsentesegen liefert ihm gleich einen Programmpunkt: Geschenkeumtausch! „Ich hab’ meine Familie allerdings stark unter Druck gesetzt, damit sie mir nicht so was Bescheuertes schenkt“, bekennt er. Aber das Publikum soll unbedingt alle frisch erhaltenen, schlimmen Geschenke mitbringen. „Wir wollen das Elend unterm Weihnachtsbaum der anderen miterleben“, sagt Kalkofe und löffelt seine Kürbissuppe.

Das mit den Geschenken hat für den 1965 geborenen Comedian, der für seine Fernsehveräppelungsshow „Kalkofes Mattscheibe“ den Grimme-Preis bekam, die „Wixxer“-Kinofilme drehte und als bissiger Bühnenunterhalter, Schauspieler und Autor in Funk, Fernsehen unterwegs ist, so seine Tücken. Er sei ein absoluter Bastelversager, outet sich Kalkofe. Nur in Nadelarbeit hat der in Peine aufgewachsene Niedersachse, der ebenso wie Oliver Welke und Dietmar Wischmeyer durch das epochale „Frühstyxradio“ von Radio FFN zu frühem Ruhm kam, seltsamerweise in der Schule reüssiert. Trotz ästhetisch wenig überzeugender Ergebnisse wickelt und klebt er zum Fest wacker selbst. Warum? „Geschenke mit blutigen Fingern selbst einzupacken, ist der letzte Stolz des aufrechten Mannes.“ Und wie funktioniert bei ihm, Frau und Tochter das Auswickeln, die Bescherung? „Bei uns wird keine Zeit verschwendet: Startschuss mit Pistole, alle stürzen sich auf die Geschenke wie die Tiere und wer als Erster alle aufgerissen hast, gewinnt.“ Nein, korrigiert sich der Scherzkeks, das sei Quatsch. Vorbereiten, Auspacken und Feiern will er in aller Ruhe. Bloß nicht mitmachen beim Perfektionswahn zum Fest.

Auf der Bühne gibt es außer Gags, Geschichten und Gedichten zum Fest auch garantiert weihnachtsfreies, ungesendetes „Mattscheiben“-Material und ein Wiedersehen mit lieben alten Flitzpiepen wie Märchenerzähler Onkel Hotte oder Mentalist Vincent Raven. Apropos: Gleich nach den Feiertagen am 27. und 28. Dezember kommen Kalkofe und Wischmeyer als „Die Arschkrampen im Weltall“ ins Zeiss-Großplanetarium in Prenzlauer Berg, um dem rettungslos zerronnenen Krisenjahr endgültig den Todesstoß zu verleihen. Sei aber schon alles ausverkauft, teilt Kalkofe bedauernd mit.

Der Weihnachtsmarkt da draußen flößt dem Weihnachtsfan gemischte Gefühle ein. „Was da für ein Scheiß da bisweilen angeboten wird“, stöhnt er, „wahrscheinlich alles Buden von russischen Geldwäschern“. Andererseits sei es schön, sich dort Currywurst und anderes Weihnachtsgebäck reinzuhauen. Nur den Sinn von Glühwein versteht er nicht. „Man kann sich ja auch Brennspiritus mit Süßstoff warm machen und dreimal mit dem Hammer auf den Kopf hauen.“ In Beleuchtungsdingen ist Kalkofe für saisonalen Kitsch: Kerzen, Lichterketten, Ku’dammbeleuchtung, alles. Zu Hause hat er gar den Computer illuminiert.

Was den einen die Hausmusik, ist den anderen zum Fest der Fernsehoverkill. Da darf eine Mattscheibenempfehlung von Kalkofe nicht fehlen. Was ist sein liebster Weihnachtsfilm? „Stirb langsam 1“, sagt er. Ach nö, ein Actionknaller zum Fest der Nächstenliebe? Kalkofe nickt und bleibt dabei. Das sei so schön, wenn Bruce Willis mit blutigen Füßen – die Frau im Arm, die Verbrecher tot, die Geiseln gerettet – am Ende aus dem Hochhaus auf die Straße tritt. Schuttflocken schneien, Heiligabend ist und die Musik spielt „Let it snow“. Dann muss Kalkofe weinen.

Theater am Kurfürstendamm, Sonntag, 25. Dezember, 18 Uhr. Restkarten für 28,50 Euro an der Tagesspiegel-Theaterkasse unter Telefon 29 021 - 521 (7.30 bis 20 Uhr) oder im Tagesspiegel-Shop am Anhalter Bhf. (Askanischer Platz 3, 9 bis 18 Uhr).

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false