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Berlin: Bistum opfert seine Kirchen

Weil den Katholiken Geld fehlt, werden 97 Gotteshäuser verkauft – oder abgerissen

Das Bistum Berlin-Brandenburg erwägt, rund 100 Kirchen abzureißen. Denn die Katholische Kirche braucht Geld, viel Geld. Um die 148 Millionen Euro Schulden abzubauen, will man Grundstücke, Gemeindehäuser und Kirchen verkaufen. Und bevor ein Gotteshaus entweiht werde, gelte der Grundsatz „Abriss vor Umwidmung“, sagt Bistumssprecher Andreas Herzig. Schon jetzt riefen Diskobetreiber an und fragten, ob sie Kirchen kaufen können. Diskos, Sparkassen oder Kaufhäuser in Katholischen Kirchen werde es aber nicht geben.

In den kommenden vier Jahren sollen die 207 Pfarreien des Bistums auf 110 reduziert werden. Vor allem Gemeinden im Innenstadtbereich will man fusionieren und 300 Mitarbeiter einsparen. In den vergangenen zehn Jahren wurden bereits 50 Gemeinden zusammengelegt. Dabei blieben die Gotteshäuser aber bestehen, ein Pfarrer war dann für zwei Pfarreien zuständig. Bei den geplanten Fusionen wird laut Herzig aber nur noch jeweils ein Gemeindebetrieb aufrechterhalten. Die 97 überzähligen Grundstücke, Gemeindehäuser und Kirchen sollen die übrig bleibenden Gemeinden verkaufen.

„Wir werden die Kirchen zuerst ausländischen Christengemeinden anbieten, danach den Orthodoxen“, sagt Herzig. Allerdings sei abzusehen, dass es nicht genügend Interessenten aus diesem Kreis geben wird. Dann werde man die Grundstücke auf dem freien Immobilienmarkt anbieten. Um zu verhindern, dass die Gotteshäuser zweckentfremdet werden, werde man sie vor dem Verkauf abreißen. Die Kirchen zu Sozialwohnungen umzubauen, wie es die Evangelische Kirche in der Spandauer Luther-Kirche gemacht hat, das „ist mit uns nicht drin“, sagt der Bistumssprecher – erst recht nicht eine Nutzung als Diskothek wie beim „Limelight“ in New York.

Vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass das Erzbistum nach Berechnungen der Unternehmensberatung McKinsey 148 Millionen Euro Schulden hat. Kardinal Georg Sterzinsky kündigte darauf hin drastische Sparmaßnahmen an. So sollen 440 der 2700 Vollzeitstellen abgebaut werden, 300 in den Gemeinden, 140 in der Seelsorge und in der Verwaltung.

Treffen werde es vor allem die 120 Innenstadtgemeinden, sagt Herzig, denn hier liegen die Gemeinden dichter beieinander als im Umland. „In Kreuzberg gibt es vier Kirchen in Sichtweite. Die werden nicht alle im Besitz des Erzbistums bleiben.“ Herzig meint St. Agnes in der Alexandrinenstraße, St. Bonifatius in der Yorckstraße, die St. Johannes-Basilika und die St. Michaelis-Kirche. Vieles spreche dafür, dass St. Bonifatius und St. Johannes bestehen bleiben: Sie sind größer als die beiden anderen, außerdem ist St. Bonifatius die Kirche des Militärbischofs, und St. Johannes wird schon jetzt doppelt genutzt, durch eine deutsche und eine ausländische Gemeinde. „Die Gemeindemitglieder von St. Agnes müssen sich von ihrer Kirche verabschieden“, sagt Herzig.

Für die Fusionen und den anschließenden Verkauf geraten zuerst Pfarreien in den Blick, die schon jetzt mit anderen kooperieren: In Moabit versorgen die Dominikaner die Kirchen von St. Paulus und St. Ansgar, in Mitte ist Pfarrer Blin für die Herz-Jesu-Kirche und St. Adalbert zuständig, in Wilmersdorf betreuen die Franziskaner von St. Ludwig auch die Kirche St. Albertus Magnus. Letztere ist die Hauskirche von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl.

Das Bistum hofft, die Reduzierung der Gemeinden im Einvernehmen mit den Betroffenen abwickeln zu können. Aber letztlich werde per Dekret von oben entschieden.

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