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Berlin: Bloß kein grelles Licht

Immer wieder montags prüft Otto Hubacek die MoMA-Bilder mit Lupe und Lampe. Doch vor dem Staub wischen muss der Restaurator in New York anrufen

Otto Hubacek steht vor einem Gemälde Picassos, im Halbdunkeln. Die Vorhänge der breiten Panoramafenster in der Neuen Nationalgalerie sind zugezogen, die Deckenlampen leuchten nur schwach. „Die Lichtstärke ist genau vorgeschrieben“, sagt Hubacek, einer von drei Restauratoren, die sich um die Bilder der MoMA-Ausstellung kümmern. Genauer gesagt: um das richtige Licht, die richtige Temperatur und die richtige Luftfeuchtigkeit. Immer montags, wenn die Ausstellung für Besucher geschlossen ist, haben die Restauratoren Zeit für eine ausführliche Bestandsaufnahme – einen „condition check“ der über 200 Werke.

„Wir kontrollieren, ob sich der Zustand eines Bildes im Vergleich zur Vorwoche verändert hat“, erläutert der 51-jährige Hubacek. Sind neue Risse oder Kratzer entstanden? Haben Besucher ein Bild berührt und Flecke hinterlassen? Wie viel Staub hat sich durch die Bewegungen von ein paar tausend Betrachtern auf der Farbe abgelagert? Restauratoren sind Physiker, Chemiker und Kunsthistoriker in einer Person. Sie untersuchen jedes Gemälde, jede Skulptur mit Lupe und winziger Taschenlampe – bis zu 20 Minuten lang. Jeder Millimeter ist von Bedeutung, jede Abweichung wird in einem „Zustandsprotokoll“ verzeichnet.

Hubaceks Zwischenbilanz der MoMASchau fällt sehr positiv aus: „Sie hat sehr viel Würde. Die Leute bewegen sich deshalb zurückhaltend und diszipliniert. Außerdem gibt es mehr Sicherheitspersonal als sonst. Das passt auf, dass niemand den Werken zu nahe kommt.“ Junger, provokativer Kunst würden Besucher mit weniger Distanz und Ehrfurcht begegnen als einem Picasso oder einem van Gogh, sagt der Restaurator, der seit 1996 unzählige Ausstellungen in Berlin betreute. Außerdem gelten für die MoMA-Werke strenge Vorschriften: Maximal 1000 Besucher dürfen sich in der Ausstellung aufhalten. Zu viele Menschen auf engstem Raum würden die Klimaanlage überfordern. Sie hält die Raumtemperatur konstant bei 20 Grad und die Luftfeuchtigkeit bei etwa 50 Prozent. Der besucherfreie Montag ist nicht nur der Tag, an dem ungestört hinter den Kulissen gearbeitet werden kann. Auch das Raumklima soll sich dann vom Ansturm der vergangenen Tage erholen. „Nicht nur hohe Temperaturen, auch starker Lichteinfall ist eine Gefahr für die Bilder. Er verändert die Farben der Malereien. Deshalb ist auch das Fotografieren mit Blitz verboten“, erklärt Hubacek.

Wenn trotz aller Vorkehrungen Bilder beschädigt werden, dürfen die Restauratoren nicht ohne weiteres ausbessern. „Selbst den Staub auf der Oberfläche eines Bildes können wir nur in Rücksprache mit dem New Yorker Museum entfernen“, sagt Hubacek. Der Restaurator liebt seinen Beruf. Vor allem, weil er weltberühmter Kunst so nahe sein kann wie kaum jemand anderes. Träumt ein Restaurator manchmal von einer Ausstellung ganz ohne Besucher? „Na ja“, Hubacek grinst, „das wäre gut für die Bilder. Aber die Künstler haben ja hart dafür gearbeitet, dass ihre Werke betrachtet werden.“

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