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Berlin: Bloß nicht plötzlich bremsen

Die BVG schult Busfahrer mit einem neuen Sicherheitstraining: Sie müssen Passagier spielen

Ein Druck auf den roten Knopf, die Tür schließt. Auf Tastenklick hebt sich das Fahrzeug. Nach Lösen des Bremshebels rollt das zwölf Meter lange Vehikel langsam an. BVG-Fahrlehrerin Marion Bulicke hat alles unter Kontrolle und ermuntert den Mann hinter dem Steuer des „Großen Gelben“ zum Tritt auf das Gaspedal. Soweit ist alles ganz einfach.

Bei dem neuartigen Sicherheitstrainings auf dem Spandauer BVG-Betriebshof spielen die Fahrer selbst einmal Passagier. „Der Bus ist das einzige Verkehrsmittel mit stehenden Fahrgästen“, sagt der Leiter der BVG-Verkehrsakademie, Hans Schimmelpfennig. Hier merken die Fahrer nun, was ein abruptes Bremsmanöver ein paar Meter hinter ihnen bei den Fahrgästen auslöst. Das Reagieren an Ampeln gehört ebenso zum Programm wie Kurvenfahrten und das Passieren von Engpässen.

Nach den 3000 BVGlern werden auch die 1000 Fahrer der Tochter Berlin-Transport und Mitarbeiter privater Unternehmen den Kurs absolvieren. Neu im Angebot der Akademie und bundesweit gefragt sind auch das Deeskalationstraining sowie – im Hinblick auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 – der Sprachkurs „Englisch in Bus und Bahn“.

Während die BVG insgesamt Arbeitsplätze abbaut, werden im Rahmen des neuen Tarifvertrages dringend neue Busfahrer gesucht. Bis zu 450 schätzt die Gewerkschaft, der Verkehrsbetrieb ermittelt noch den tatsächlichen Bedarf. Verwaltungsmitarbeitern wird die Umschulung angeboten, externe Quereinsteiger werden in drei bis vier Monaten qualifiziert. Im Herbst beginnen die ersten 25 Azubis die dreijährige Ausbildung zum neuen Beruf „Fachkraft im Fahrbetrieb“, wie der auf Bus und Tram gleichermaßen einsetzbare Fahrer der Zukunft heißt. Auch für die vorhandenen 4000 Fahrer gelten bald neue EU-Richtlinien. Sie alle müssen dann alle fünf Jahre an einer 35-stündigen Weiterbildung teilnehmen.

Eine Erfahrung nach zwei Platzrunden: Wegen der weit hinten liegenden Achsen wird erst abgebogen, wenn der Pkw-gewohnte Fahrzeuglenker sich schon fast im Trainings-Hindernis sieht. Im Ernstfall säßen jetzt 90 Fahrgäste hinten im Bus, die hastige Brems- und Lenkmanöver aus dem Gleichgewicht brächten. Am Ende die Selbsterkenntnis: Busfahren ist kein Kinderspiel.

Rainer W. During

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