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Berlin: Böger gegen Strieder: Offener Machtkampf

Der seit längerem schwelende Machtkampf zwischen den SPD-Senatoren Peter Strieder und Klaus Böger ist offen ausgebrochen und hat die Partei in neue Unruhe versetzt. Anlass war der Streit zwischen Bürgermeister Böger und Parteichef Strieder um die Berufung eines neuen stellvertretenden Senatssprechers.

Der seit längerem schwelende Machtkampf zwischen den SPD-Senatoren Peter Strieder und Klaus Böger ist offen ausgebrochen und hat die Partei in neue Unruhe versetzt. Anlass war der Streit zwischen Bürgermeister Böger und Parteichef Strieder um die Berufung eines neuen stellvertretenden Senatssprechers. Fraktionschef Klaus Wowereit hatte sich lange um Vermittlung bemüht, doch der Streit eskalierte. Gestern überraschte Wowereit mit der Erklärung, dass der langjährige Fraktionssprecher Hans-Peter Stadtmüller sein Amt behält und nicht als stellvertretender Senatssprecher zur Verfügung steht.

Stadtmüller war seit Monaten der Favorit Bögers. Er wollte ihn schon zur Senatsneubildung auf den Stuhl des Stellverters von Senatssprecher Michael-Andreas Butz (CDU) hieven, der als Vertrauter Diepgens fungiert. Die Besetzung steht dem kleineren Koalitionspartner zu. Stadtmüller war Bögers vertrauter Berater, als dieser selbst Fraktionschef war. Als Eduard Heußen Ende September seinen Abschied als stellvertretender Senatssprecher nahm, kam für Böger als Nachfolger allein Stadtmüller in Frage. Doch Strieder war misstrauisch gegen Böger und damit gegen dessen Vertrauensmann; er nannte andere Namen. In mehreren Gesprächen konnten sich beide nicht einigen. In der Nacht zum Freitag führte Wowereit schließlich einen "Kompromiss" herbei, bei dem Strieder den Kürzeren zog: Verzicht auf Stadtmüller, aber Böger darf einen Kandidaten aussuchen, den alle drei SPD-Senatoren und Wowereit akzeptieren müssen.

Das Fass zum Überlaufen brachte offenbar Strieder, als er die SFB-Fernsehjournalistin Petra Schwarz (43) offerierte, eine studierte Musik-und Kulturwissenschaftlerin aus dem Osten, die früher mit dem Bundespressesprecher der PDS, Hanno Harnisch, liiert war. Die anderen winkten ab. Gestern Vormittag bat Wowereit seinen Pressesprecher, die Funktion zu behalten. Stadtmüller folgte "dieser Bitte"; offiziell hatte er sich nicht um den Posten des Butz-Stellvertreters beworben. Doch in einer persönlichen Erklärung gab er seine Verbitterung über den Zank um seinen Kopf preis, der ihn tief verletzt hat: "Auch nach längeren Gesprächen im Laufe der Woche kann ich das mir von einer Person entgegengebrachte Misstrauen nicht nachvollziehen."

Damit meinte er seinen Parteichef, mit dem er dieser Tage ein langes Gespräch geführt hatte. Darum hatte der geschäftsführende Fraktionsvorstand Strieder am Dienstag gebeten und sich zugleich für Stadtmüller ausgesprochen. In seiner Erklärung verwies Stadtmüller gestern auf seine langjährige Arbeit mit den Fraktionschefs Ditmar Staffelt, Klaus Böger und Klaus Wowereit. Er halte "die in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Zweifel an meiner Loyalität für unerträglich". Er war auch zornig, weil Strieders Parteisprecherin Anja Sprogies in einer Zeitung mit der Erklärung zitiert war, die Personalie habe keine Eile, gesucht werde jemand, der das Vertrauen aller drei SPD-Senatoren habe.

Wowereit sagte, an der Loyalität Stadtmüllers, an seiner Erfahrung und Kenntnis der Politik sei kein Zweifel. Deshalb wäre er bestens geeignet für den Posten des Butz-Stellvertreters. Doch habe man mit dem Kompromiss den Ausweg aus einer "unerfreulichen Situation" gefunden. Darüber sei er froh und hoffe, "dass die Sache nicht weiter wirbelt", sondern zwischen Böger und Strieder "wieder konstruktiv weitergeht". Er freue sich natürlich, Stadtmüller zu behalten.

Die letzte große Auseinandersetzung in der SPD drehte sich im Sommer um die Person Strieders und hatte wochenlang die gesamte Partei erfasst. Damals setzte er seine Wiederwahl als Parteichef mit Ach und Krach gegen zwei Gegenkandidaten durch. Jetzt hat er mit der Fraktion Ärger. Dort heißt es, Strieder habe seine Parteisprecherin Anja Sprogies und "seinen eigenen Stab", man verstehe seine unbegründete Angst nicht. Er brauche doch auch keinen besonderen Vertrauensmann in der Senatskanzlei.

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