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Berlin: Böger geht hin und Thierse vielleicht auch

Verlegung des Gelöbnisses auf 10.Juni als Vernunftsieg bezeichnet / Zufällig: Erster Tag der Fußball-WMVON HANS TOEPPEN BERLIN.

Verlegung des Gelöbnisses auf 10.Juni als Vernunftsieg bezeichnet / Zufällig: Erster Tag der Fußball-WMVON HANS TOEPPEN BERLIN."Böger geht hin", sagte gestern nachmittag SPD-Fraktionssprecher Thomas John.Und damit war klar, daß der Rückzieher von Volker Rühe und Eberhard Diepgen auf fruchtbaren Boden gefallen ist.Die Verlegung des Bundeswehrgelöbnisses vom 13.August auf den 10.Juni wurde bei der Bonner und bei der Berliner SPD einhellig begrüßt - der seltene Fall einer politisch erfolgreichen Reparaturmaßnahme."Ich begrüße diesen Anfall von Vernunft sehr", sagte SPD-Bundesvize Wolfgang Thierse.Wenn es ihm zeitlich möglich sei, wolle er an der Feier teilnehmen.Er habe die Bundeswehr nie in eine dunkle Ecke drücken wollen.Sieg der Vernunft heißt es auch sonst bei der SPD, was indirekt wohl auch eine Anerkennung für den christdemokratischen Gegner ist.Das plötzliche Einlenken überraschte gestern auch Bündnis 90/Grüne.Sie hatten zu einer Gegendemonstration am 13.August aufgerufen.Ob dieser Aufruf auch für den 10.Juni Bestand haben soll, "wissen wir nicht", sagte auf Anfrage Fraktionschefin Michaele Schreyer.Die Partei soll demnächst darüber entscheiden.Die Grünen lehnen öffentliche Gelöbnisse grundsätzlich ab.Sie fordern, sie in die Kasernen zu verlegen.Für den 10.Juni haben nach Angaben des Senats jetzt lediglich technische Gründe gesprochen.So scheint es Zufall zu sein, daß das Gelöbnis genau am Tag der Eröffnung der Fußball-WM stattfindet - einem Tag also, an dem das Spiel Schottland gegen Brasilien für einige Ablenkung sorgen wird.Stark enttäuscht zeigte sich gestern nur der CDU-Bundestagsabgeordnete Jochen Feilcke, der sich heftig für den 13.August eingesetzt hatte und sich nun "verladen und wie ein mißbrauchter Minenhund" fühlt."Wenn man allen Kritikern nachgibt, gewinnt man keine Freunde", sagt Feilcke.Der umstrittene Termin am 13.August war offenbar schon im vorigen Jahr von der Bundeswehr selbst ausgesucht worden.Eine entsprechende Anfrage des Verteidigungsministeriums beschied die Senatskanzlei dann positiv.Bei der SPD in der Berliner großen Koalition, die zu ihrer Verblüffung nicht in die Absprachen zwischen dem Regierenden Bürgermeister Diepgen und Bundesverteidigungsminister Rühe einbezogen war, hatte der Vorschlag zu geschlossener Ablehnung geführt.Er habe überhaupt keine Probleme mit einem öffentlichen Gelöbnis oder mit dem Platz vor dem Roten Rathaus, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Böger, aber nicht am Tag des Mauerbaus.Auch FDP und PDS in Berlin lehnten den Termin mit Nachdruck ab.Daß die Grünen zu einer Gegendemonstration aufriefen, erhöhte schließlich die Sorge, daß die Feier in öffentliche Auseinandersetzungen ausarten könne.Ohnehin bestand bei der SPD der Verdacht, daß das Datum von Seiten der Christdemokraten gewählt worden sei, um die SPD mit ihrer Ablehnung in die Nähe der PDS und der Bundeswehr-Gegner zu drücken.

HANS TOEPPEN

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