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Berlin: Böger will mehr Unterricht zur DDR-Geschichte

Preisverleihung im Schülerwettbewerb zum 17. Juni 1953

Am Freitag geht der Wettbewerb „Der 17. Juni 1953 – Spuren suchen“ zu Ende. Welche Bilanz ziehen Sie aus dem Projekt?

Der Wettbewerb hat große Resonanz gefunden. Dafür danke ich auch den beteiligten Lehrerinnen und Lehrern, die gemeinsam mit ihren Schülern interessante Arbeiten realisiert haben. Das zeigt, wie spannend Geschichte sein kann. Solche Projekte sind ein Anlass, Geschichtsunterricht aktiv und lebendig zu gestalten.

Haben Sie aus dem Projekt Lehren für den Geschichtsunterricht gezogen?

Geschichtsunterricht soll Orientierung und Urteilsfähigkeit über politische Zusammenhänge geben. Junge Menschen ohne historisches Gedächtnis können auch die Zukunft nicht vernünftig gestalten. Wir überarbeiten gerade die Rahmenpläne, entwickeln Materialien zur DDRGeschichte und überlegen, auch den Besuch verschiedener Gedenkstätten verpflichtend aufzunehmen. Insgesamt soll die Geschichte der DDR stärker betont werden.

Wurde die Geschichte der DDR im Geschichtsunterricht bisher zu sehr vernachlässigt?

Ich denke schon.

Sehen sie die Gefahr, dass die DDR durch die gegenwärtige Ostalgiewelle verharmlost wird?

Als ich „Good Bye Lenin“ gesehen habe, habe ich Tränen gelacht. Dennoch bin ich sehr nachdenklich aus dem Kino gegangen. Wir können nicht erwarten, dass Menschen ihr eigenes Leben dementieren. Diese Besser-Wessi-Attitüde gefällt mir nicht. Man konnte auch in der DDR ein redliches Leben führen. Nur darf nicht vergessen werden, dass die DDR eine Diktatur war, dass dort Menschen schikaniert und teilweise kaputt gemacht wurden. Die politischen Strukturen dieses Systems müssen im Geschichtsunterricht vermittelt werden. Darum geht es.

Es wird immer wieder der Vorwurf laut, in vielen Schulen im Ostteil der Stadt würde im Unterricht die Geschichte der DDR verklärt.

Das sind nicht belegte Vermutungen. Ich bin aber dafür zu untersuchen, welches Bild der DDR an den Schulen vermittelt wird.

Der Vorwurf, dass in vielen Schulen diesbezüglich ein Defizit zu verzeichnen ist, ist ja nicht neu. Warum hat der Senat eine solche Untersuchung bisher nicht initiiert?

Das ist keine ausschließlich auf Berlin bezogene Aufgabe. Eine solche Studie sollte bundesweit durchgeführt werden. Wir haben aber Fortbildungen für Lehrer angeboten und zum 17. Juni geeignetes Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt. Und immerhin kamen bei dem Wettbewerb rund die Hälfte der Teilnehmer aus Ost-Berliner Schulen. Das ist doch ein gutes Zeichen.

Wäre es sinnvoll, Fortbildungen für Geschichtslehrer zum Thema DDR zur Pflicht zu machen?

Eine gesetzliche Pflicht zur Fortbildung gibt es bereits. Wir haben interessante und sachgerechte Fortbildungsangebote, die von allen genutzt werden sollten.

KLAUS BÖGER (57)

Der Senator für Bildung, Jugend und Sport will, dass Berliner Schüler mehr

über die DDR-Geschichte erfahren – und das nicht nur aus Lehrbüchern.

Foto: Kai-Uwe Heinrich

Geschichte lebendig werden lassen: Das war Ziel des Wettbewerbs „Der 17. Juni 1953 – Spuren suchen“, den die Senatsschulverwaltung gemeinsam mit dem Tagesspiegel veranstaltet hat. Am heutigen Freitag findet der Wettbewerb in der Mercedes-Welt am Salzufer 1 in Charlottenburg (17 bis 20 Uhr) einen feierlichen Abschluss. Rund 200 Schüler aus 13 Schulen haben mitgemacht. Sie besuchten historische Orte, sammelten Fotos und Artikel und befragten Zeitzeugen. Einige der Arbeiten wurden in der Tagesspiegel-Sonderausgabe zum 17. Juni 1953 abgedruckt. Andere Beiträge werden auf der Abschlussveranstaltung mit Bildungssenator Klaus Böger vorgestellt. Darüber hinaus gehören Lesungen und der Auftritt einer Schülerband zum Rahmenprogramm. Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, wird über ihre Erinnerungen an den 17. Juni 1953 berichten. Moderiert wird die Veranstaltung vom stellvertretenden Chefredakteur des Tagesspiegel, Lorenz Maroldt. Und die Schüler werden endlich erfahren, welcher Beitrag die ausgeschriebene Reise nach Stuttgart gewonnen hat, wer sich mit dem Bundespräsidenten treffen darf und wer das Praktikum beim Tagesspiegel gewonnen hat. Mit Bildungssenator Klaus Böger sprach Anne Seith.

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