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Ermittlung im Gebüsch. Experten gingen gestern die Umgebung der Bank ab, bei der die Plastiktüte mit der Bombe lag. Der Weddinger Schillerpark war gesperrt. Foto: Michael Körner

© michael koerner

Berlin: Bombenanschlag: Polizei sucht Serientäter Selbstgebauter Sprengsatz lag im Park in Plastiktüte

Spaziergänger wurde bei Explosion schwer verletzt

Berlin - Ein Spaziergänger ist am Sonntagnachmittag in Wedding von einer Bombe schwer verletzt worden, die in einer Plastiktüte versteckt war. Der 58-Jährige aus dem gleichen Bezirk hatte seinen Hund im Schillerpark nahe der Edinburger Straße ausgeführt. Als er eine neben einer Parkbank herumliegende Plastiktüte aufheben wollte, kam es zur Explosion. Der Mann erlitt schwere Verletzungen im Gesicht und an den Beinen. Ersten Erkenntnissen zufolge handelt es sich bei dem Sprengsatz um eine Rohrbombe. Ein ähnlicher Fall, bei dem aber niemand verletzt wurde, ereignete sich bereits im Mai dieses Jahres gleichfalls in Wedding.

Die Polizei sperrte den Schillerpark über Stunden komplett ab und durchsuchte ihn, dabei wurde jedoch nichts Gefährliches mehr gefunden. Der Schwerverletzte wurde von einem Notarztwagen ins Weddinger Virchowklinikum gebracht. Er soll nicht in Lebensgefahr schweben. Die Polizei warnte am Sonntagabend davor, verdächtige Gegenstände, vor allem in Tüten, aufzuheben. Im Verdachtsfalle solle die Polizei alarmiert werden. Am Sonntagabend suchten Sprengstoffspürhunde im Schillerpark nach Gegenständen, die möglicherweise mit in der Plastiktüte lagen und durch die Explosion weggeschleudert worden waren.

Der für Sprengstoffdelikte zuständige Staatsschutz bei der Polizei hat die Ermittlungen übernommen. Die Experten sehen einen Zusammenhang mit einem ähnlichen Vorfall im vergangenen Mai. Wie berichtet, war am 26. Mai ebenfalls in Wedding eine Rohrbombe in einer Plastiktüte gefunden worden. Eine Passantin hatte den verdächtigen und mit Kabeln versehenen Gegenstand an der Böschung des Nordufers entdeckt und die Polizei gerufen. Die Beamten konnten die Bombe damals entschärfen, am Tag danach hatte das Präsidium mitgeteilt, dass die Eigenkonstruktion sprengfähig gewesen sei. Die Explosionswirkung habe jedoch nur für die unmittelbare Umgebung ausgereicht – also für denjenigen, der die Selbstbaubombe hochhebt. Für die auf der anderen Seite des Spandauer Schiffahrtkanals gelegene Ausländerbehörde habe keine Gefahr bestanden, hieß es. Die in der linken Szene umstrittene Behörde war damals als mögliches Ziel genannt worden.

Spätestens seit dem Anschlag im Schillerpark ist zu vermuten, dass die Rohrbomben von einem Täter wahllos abgelegt werden. Denn in oder am Schillerpark ist laut Polizei kein politisches Motiv zu erkennen. Offensichtlich hat der Bombenbastler sogar seine Fähigkeiten weiterentwickelt und perfektioniert. Auch in den Jahren davor hatte es bereits mehrere Rohrbombenalarme in Wedding gegeben. Im Juni 2007 und Juni 2008 waren jeweils in Grünanlagen am Dohnagestell Reste von Rohrbomben gefunden worden. Diese waren bereits zur Explosion gebracht worden – durch wen und wieso konnte die Polizei nie ermitteln. Auch diese beiden Fundorte liegen ganz in der Nähe von jenen in diesem Jahr. Ermittler des LKA prüfen nun, ob es sich möglicherweise in all diesen Fällen um den gleichen Täter handelt. Erleichtert wird dies, weil die nicht detonierte Bastelbombe vom Nordufer quasi als Vergleichsstück dienen kann .

Im November 2002 hatten zwei Lehrlinge eine selbstgebaute Rohrbombe auf einen BVG-Bus geworfen. Niemand wurde verletzt. Bei ihrer Festnahme gestanden sie, den Sprengsatz in ihrer Ausbildungswerkstatt hergestellt zu haben. Ein Zusammenhang mit den jetzigen Fällen gilt aber als unwahrscheinlich. Die beiden Lehrlinge erhielten Bewährungsstrafen von sechs und acht Monaten.

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