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Bombenentschärfungen in Oranienburg: Der Ausnahmezustand ist Alltag

Im Bahnhof und im Stadtgebiet von Oranienburg sind zwei 250-Kilogramm-Bomben entdeckt worden, die am Donnerstag entschärft werden. Es kommt zu großen Einschränkungen für Anwohner, Auto- und Zugfahrer.

Von Matthias Schlegel

Im Bahnhof und im Stadtgebiet von Oranienburg sind zwei 250-Kilogramm-Bomben entdeckt worden, die am Donnerstag entschärft werden. Zunächst wird ab sieben Uhr ein Sperrkreis um das Grundstück in der Kösener Straße eingerichtet. Der dort gefundene Sprengkörper kann voraussichtlich von Spezialisten entschärft werden. Die zweite Bombe, die sich auf dem Bahnhofsgelände befindet, muss auf jeden Fall gesprengt werden. Auf dem Areal wird ab 15 Uhr ein Sperrkreis eingerichtet. Insgesamt sind an beiden Orten rund 5800 Einwohner betroffen. Die Stadt empfiehlt Autofahrern, Oranienburg am Donnerstag zu umfahren. Zwischen 14 und 18 Uhr kommt es daher auch zu Behinderungen bei der Bahn: Züge der Linien S 1 sowie RE 5, RB 12, RB 20 können ausfallen.

Gefahren und Einschränkungen durch die Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkriegs gehören für die 42 000 Einwohner der Stadt nordwestlich von Berlin zum Alltag. Ist Brandenburg das am stärksten von Kampfmittel-Überresten belastete Bundesland, ist Oranienburg ein deutschlandweit einmaliges Ballungsgebiet dieser Altlasten. Mit bemerkenswerter Routine managen die Verantwortlichen die Entschärfung oder Sprengung der Blindgänger, mit stoischem Gleichmut fügen sich die Bewohner in die häufigen Evakuierungen und Verkehrseinschränkungen. Seit Beginn der Aufzeichnungen im Oktober 1991 wurden bis Ende 2011 in Oranienburg insgesamt 162 Bomben geborgen und vernichtet. Immerhin 93 davon waren, wie jetzt auch die in München, mit einem Langzeitzünder ausgestattet.

Wegen der in Oranienburg angesiedelten Rüstungsbetriebe, aber auch wegen der zahlreichen zentralen Einrichtungen der SS, die sich in der Nähe des Konzentrationslagers Sachsenhausen konzentrierten, war die Stadt seit Anfang 1944 immer wieder zum Ziel alliierter, vor allem amerikanischer Bombenflugzeuge geworden. Strategische Bedeutung hatten insbesondere die ab 1937 produzierenden Heinkel-Flugzeugwerke samt Flugplatz. Auch die nahe dem Bahnhof gelegenen Rußwerke und die Auergesellschaft, wo unter anderem Ausgangsstoffe für die Urananreicherung gewonnen wurden, galten als hochwichtige Unternehmen der Rüstungsproduktion. Zwischen 1940 und 1945 wurden laut einem Gutachten, das die Brandenburgische Technische Universität Cottbus im Jahr 2008 als mittel- und langfristige Konzeption der Kampfmittelräumung in Oranienburg vorstellte, insgesamt 13 Luftangriffe auf Oranienburg geflogen. Mindestens 2600 Tonnen Sprengbomben und 684 Tonnen Brandbomben gingen über der Stadt nieder. Der schwerste Luftangriff fand am 15. März 1945 auf den Bahnhof und die Auerwerke statt. (mit dapd)

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