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Berlin: Bonbon-Stimmung am Ku’damm

Zurück im Westen: Hunderttausende beim Karneval

Das ist Karneval in Berlin: „Zuurüüück!“ treibt der Sicherheitsbeamte die Menge weg von den Wagen. „Der muss mal durchgreifen, ist ja keine Ordnung hier!“, ruft eine schicke ältere Dame. Sie guckt ernst, sie meint das ernst. Dann hält die Frau wieder ihren umgestülpten Regenschirm in die Höhe und singt beschwingt „Es gibt nur einen Rudi Völler“. Ach, zwei Seelen wohnen in des Berliner Karnevalisten Brust. Die des Muffelkopfes, der trotz Aufforderung per Megaphon nur zögerlich „die Hände zum Himmel“ streckt. Und die des Kindskopfes, der die Pappnase aufsteckt, obwohl man ihn in der U-Bahn schief anguckt.

Pünktlich um 11 Uhr 11 startet das Ku’damm-Revival des Karnevals. Es war gelungen, freuen sich die Veranstalter später, sie wollen 1,2 Millionen Zuschauer gezählt haben. Behörden reden von Hunderttausenden. Die Veranstalter sind sich dennoch nicht sicher, ob sie 2008 wieder durch die West-City ziehen. Denn der Zug soll beide Stadthälften verbinden, und das biete die alte Strecke am Brandenburger Tor, sagt Martin Hortig vom veranstaltenden Verein „Karnevalszug Berlin“.

Der Zug von 60 Wagen, Seifenkisten und Motorrädern der 3000 Mitwirkenden schunkelt und stockt immer wieder, es geht runter bis Wittenbergplatz, dann wieder hoch bis Ernst-Reuter-Platz. So viele Menschen mit einem Lächeln auf den Lippen sah man zuletzt bei der WM. Auf den Bürgersteigen ist trotz der Berlin-Heijo-Schlachtenbummler aber noch gut Platz. Auf den Terrassen von Kempinski und Kranzler genießt man die Sonne, unten heizen die „Spreeschepperer“ mit Percussion-Guggenmusik ein.

Ein Stockwerk tiefer sammelt Florian, elf, aus Frohnau Kamelle und Chips vom Boden in den extra großen Beutel. Ein Kostümpreis hätte das Hundchen mit dem „Zoll“-Überwurf verdient – und Simone Hafemann. Die 46-jährige Postbeamtin aus Buckow lässt exotische Früchte auf dem Kopf kräftig wippen. In Köln hat sie sich warmgefeiert, nachher geht es in der TU-Mensa weiter. Sie hat Freunde beim Karnevalsverein „Die Fröhliche Elf“. Ob Charlottenburger Karnevalsgesellschaft Blau Gelb oder der Fanfarenzug Marzahn – alle halten den Tambourstab im preußischen Norden hoch. Der „FKK 2000“, der Falkenseer Karnevals-Klub, steckt den Kindern Bonbons direkt in die Tüte und gibt fingerhutkleine Becher mit Schnaps an die Erwachsenen aus.

„Hey, ihr hübschen Mädels, lasst mal was wachsen“, sagt ein geschätzter 50-Jähriger. Brigitte Eilert und Familie Matthies, die gern alemannische Fasnacht im Allgäu feiern, finden es schön, mal „lustig und anstößig sein zu können“. Und entblößen den nackten Hintern – aus Plastik. kög

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