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Bordellbetriebe: "Risikofreier und sozial abgesicherter Arbeitsplatz"

Mit den Kleinstbetrieben gehen die Bezirke unterschiedlich um. Deshalb diskutierten die Abgeordneten am Mittwoch über Prostitution. Das Parlament sucht die Berliner Linie für die Wohnungsbordelle.

Sie haben keine roten Herzen im Fenster, meist keine Zuhälter vor der Tür und werden möglichst diskret betrieben: Sogenannte Wohnungsbordelle sind nach einer aktuellen Studie des Kölner „Institutes für Sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis“ ein „riskofreier und sozial abgesicherter Arbeitsplatz“, an dem Prostituierte ihrem Gewerbe unabhängig nachgehen können und dabei ihre Nachbarschaft „nur unwesentlich“ stören. Dennoch gibt es in Berlin derzeit heftigen Streit um solche kleinen Bordelle, die von wenigen Frauen auf eigene Rechnung betrieben werden. Einige Bezirke versuchen, sie in Wohngebieten rigide zu schließen – andere verhalten sich tolerant. Bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus versuchte die rot-rote Koalition gestern, eine einheitliche Berliner Linie zu finden.

„Wir streben keinen Freibrief für Wohnungsbordelle an, doch wir wollen ihre Genehmigung liberalisieren und so den Schutz der Prostituierten verbessern,“ bringt der Geschäftsführer der SPD-Fraktion die Position seiner Partei auf den Punkt. Alternativen wie das geplante Großbordell in der Kurfürstenstraße oder der Straßenstrich hätten weitaus größere Belästigungen zur Folge.

Dass sich SPD und PDS nun auf die Seite der Kleinstbordelle stellen, hängt mit dem harten Durchgreifen der Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg zusammen. Dort versuchen die Baustadträte Klaus-Dieter Gröhler und Bernd Krömer (beide CDU), mehrere Bordelle mit Verweis auf das Bau-, Planungsrecht und Gerichtsurteile zu schließen. Doch ihre Position ist selbst innerhalb der eigenen Bezirksämter höchst umstritten.

Umstritten: Bund- oder Länderrecht?

Die Meinungen gehen bei der Frage auseinander, ob das 2002 vom Bundestag verabschiedete liberalisierte Prostitutionsgesetz oder mehrere restriktive Urteile von Verwaltungsgerichten höher zu bewerten seien. Das Gesetz stellt Bordelle auch in Wohngebieten mit anderen Gewerbebetrieben gleich. Ihre Genehmigung hängt seitdem von einer Einzelfallprüfung ab, die nach gleichen Maßstäben durchgeführt werden muss wie bei einer Arzt- und Anwaltspraxis. Entscheidend ist, ob ein Gewerbe die Nachbarn belästigt. Kreuzberg hält sich an diesen Weg und macht sein Einverständnis laut Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) beispielsweise davon abhängig, „wie viele Frauen dort arbeiten oder zu welchen Zeiten die Freier empfangen werden“.

Dabei ignoriert Kreuzberg-Friedrichshain allerdings Beschlüsse der Berliner Verwaltungsgerichte. Anwohner hatten geklagt, und die Richter kamen zu dem Schluss, dass Wohnungsbordelle grundsätzlich störend sind. Aus Sicht der Bezirke Tempelhof-Schöneberg und Charlottenburg-Wilmersdorf ist dies „die verbindliche Rechtslage“. Einzelfallprüfungen seien deshalb nicht mehr nötig.

Die Prostituierten-Sprecherin Stephanie Klee vom „Verband für Sexualle Dienstleistungen“ konterte vehement. „Viele Kleinstbordelle, die jetzt Probleme bekommen, gibt es schon seit mehr als zehn Jahren“, sagte sie. Früher hätten sie ihren wahren Zweck gegenüber den Behörden verschwiegen, doch seit das Prostituitionsgesetz gelte, seien sie im Vertrauen darauf ehrlich gewesen – zum eigenen Nachteil, wie sich jetzt herausstelle. Stephanie Klee: „Geben Sie uns Rechtssicherheit. Nur dann haben wir einen sicheren Arbeitsplatz.“

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