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Eine Frau für alles. Seit 43 Jahren arbeitet Christine Hauke schon in dem Jacobsdorfer Dorfladen. Die Kunden nennen ihn Landkonsum, wie er schon zu DDR-Zeiten hieß.

© Claus-Dieter Steyer

Brandenburg: Einkaufen wie bei Tante Emma

Mit EU-Mitteln wurde im brandenburgischen Jacobsdorf der "Landkonsum" wieder hergerichtet. Die Kunden nehmen das Angebot gerne an. Ein Ortstermin.

Jacobsdorf - Der Lastwagenfahrer bekommt seine Hackepeterbrötchen frisch geschmiert, die ältere Frau in blauer Kittelschürze bestellt an der Kasse den Scherenschleifer und ein Radtourist aus Süddeutschland erkundigt sich bei einer Tasse Kaffee nach einem Bett für die Nacht. Im „Einkaufszentrum Jacobsdorf“, das alle in dem Ort zwischen Fürstenwalde und Frankfurt (Oder) wie früher „Landkonsum“ nennen, werden weit mehr als nur die „Waren des täglichen Bedarfs“ angeboten, wie es ein Aufsteller vor der Tür verkündet. „Hier wird einfach viel gequatscht“, sagt die Kittelschürzenfrau und klopft einer offensichtlich nicht ganz zufällig zur gleichen Zeit im Geschäft erschienenen Nachbarin auf die Schulter. Sie tauschen Neuigkeiten über ein neues Auto in der Hauptstraße, die Fortschritte der jüngsten Enkeltochter und die Arbeiten im Garten aus.

Alle acht Kunden, die in einer Stunde am Vormittag den weit und breit einzigen Laden besuchen, schätzen die Gelegenheit zum Kaufen und Schwatzen. Schließlich fällt das gerade 700 Einwohner zählende Jacobsdorf mit seinem aus einem einzigen Raum bestehenden „Einkaufszentrum“ auf. Gerade auf dem Land haben die Geschäfte in den vergangenen Jahren reihenweise dicht gemacht. Die EU half in Jacobsdorf zwar mit einem kleinen Betrag bei der kürzlich erfolgten Renovierung, aber das Erfolgsgeheimnis liegt wohl vor allem im umfassenden Sortiment begründet. Es gibt Obst, Gemüse, Fleisch und Wurst wechselnder Produzenten aus der Umgebung, Brot, Kosmetika, Blumen, Süßwaren, Grillkohle, Getränke und Zeitschriften.

Seit mittlerweile 43 Jahren arbeitet hier die Verkäuferin Christine Hauke. Die agile Frau, die von vielen Kunden mit ihrem Vornamen angesprochen wird, wirbelt allein durch den Laden. „Nur am Sonntag steht der Chef von sieben bis zehn an der Kasse“, sagt sie. „Zu DDR-Zeiten waren wir hier allerdings acht Kolleginnen, davon zwei Halbtagskräfte.“ Sie hätten damals durchaus alle gut zu tun gehabt: Sie kauften Eier, Obst und Gemüse von den Leuten im Ort auf und schnitten das Fleisch selber auf. Auch gehörten damals noch Textilien zum Sortiment.

Nach einer jahrelangen Flaute kämen wieder mehr Kunden in den kleinen Laden. „Die Menschen finden hier doch alles, was sie brauchen, und müssen nicht extra in die Stadt fahren“, erzählt Christine Hauke. Die Kunden nicken. „Alles schön übersichtlich und die Preise sind auch nicht höher als in den großen Centern von Frankfurt“, meint ein Mann in Arbeitskleidung. Er hat frisches Sauerkraut und Rinderbraten geholt. Auch er hat sich die Zeit für einen Schwatz am Stehtisch gegönnt.

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