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Foto: ZB / Nestor Bachmann

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Berlin: Brandenburg, ganz rot

Kornelia Wehlan ist die erste Landrätin der Linken. Sie will Teltow-Fläming aus der Krise führen.

Luckenwalde - Selbst am Tag danach ist sie noch fassungslos. „Ich habe bis morgens um drei SMS beantwortet. Ich habe total schlecht geschlafen“, sagt Kornelia Wehlan, als sie am Morgen in der brandenburgischen Linke-Landtagsfraktion bejubelt, umarmt und mit dem Satz gefeiert wird: „Wir sind Landrätin.“ Die 52-jährige Agraringenieurin und langjährige Linke-Landtagsabgeordnete ist neue Landrätin des Kreises Teltow-Fläming, womit die zierliche Frau mit den markanten blonden Haaren gleich eine doppelte Premiere schaffte: Erstmals seit 1990 wird nun einer der 14 Landkreise von einer Frau geführt. Und zum ersten Mal besetzen die Linken einen jener Posten, denen in der „Landräterepublik“ Brandenburg eine  Ausstrahlung auf die Landesebene nachgesagt werden.

Wehlan selbst hatte nicht mehr damit gerechnet, dass das noch klappt. Zwar hatte sie bei der Direktwahl im April den damaligen SPD-Kandidaten und Ludwigsfelder Bürgermeister Frank Gerhard mit ihrem 66-Prozent-Ergebnis abgehängt, wäre schon da fast Landrätin geworden. Es hatte aber trotzdem nicht gereicht, da sie um 541 Stimmen die gesetzliche 15-Prozent-Mindeststimmenzahl verfehlte. Jetzt, für die Wahl durch den Kreistag am Montagabend, waren ihr kaum Chancen eingeräumt worden. SPD und CDU hatten eine Koalition geschmiedet und sich auf den bisherigen Senftenberger Bürgermeister Andreas Fredrich (SPD) festgelegt. Die Linken stellen lediglich 13 Abgeordnete im 52-köpfigen Kreistag. „Ich bin hingefahren im Wissen, dass diese Mehrheiten stehen. Mir ist kein Fall bekannt, dass dies dann nicht so war“, sagt Wehlan. Dass sie am Ende in der geheimen Wahl trotzdem triumphierte, mit zwei Stimmen Vorsprung, sagt einiges darüber, welchen Respekt sich Wehlan im Kreistag seit 1999 über Parteigrenzen hinweg verschaffte. Das gilt auch für den Landtag, in dem sie ebenfalls seit 1999 als Abgeordnete vertreten und seit 2009 Vize-Fraktionschefin der Linken ist.

Sie wird nicht nur Rückhalt brauchen. Der Kreis, den sie übernimmt, gilt als krisen- und affärengeschüttelt. Der langjährige SPD-Landrat Peer Giesecke war 2012 wegen Korruption abgewählt worden. Lange vorbei sind die Zeiten, als Teltow-Fläming, sich vom boomenden Speckgürtel am Berliner Ring mit Gewerbeansiedlungen bis in den strukturschwachen Süden zur Kreisstadt Luckenwalde erstreckend, noch Vorzeige-Landkreis in den neuen Ländern war. Aus der Nummer eins im Osten in diversen Rankings ist ein Brandenburger Schlusslicht geworden. Heute ist der Kreis hoch verschuldet. Selbst der Chef der SPD-Landtagsfraktion, Klaus Ness, beschreibt den Zustand der früheren Hochburg seiner Genossen so: „Es bedarf schmerzhafter Einschnitte, damit Teltow-Fläming wieder in der Ebene der Kreise mitspielen kann.“

Wehlan, für acht Jahre gewählt, ist das bewusst. Die Konsolidierung der Finanzen nennt sie als wichtigste Aufgabe, als sie nach ihrer Agenda gefragt wird. „Der Landkreis hat über seine Verhältnisse gelebt. Man hat Kredite aufgenommen, um Kredite zu tilgen.“ Sie will das so anpacken, wie sie bislang Politik machte, „verlässlich, sachlich, ohne penetrante ideologische Scheuklappen“. Sie will „mit wechselnden Mehrheiten“ regieren, im Kreistag mit vernünftigen Vorlagen überzeugen. Sie traut sich das zu. „Meine Ängste sind verflogen.“ Thorsten Metzner

Thorsten Metzner

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