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Wegen der steigenden Kriminalität in Brandenburg wird die Polizei vom Personalabbau verschont.

© dapd

Brandenburg: Rot-Rot verteilt Wahlgeschenke

Das Kabinett des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck hat die Polizeireform entschärft und baut im Landesdienst weniger Personal ab. Außerdem wird fast eine halbe Milliarde Euro für die Finanzierung des BER-Desasters bereitgestellt.

Potsdam - In Brandenburg entschärft die rot-rote Regierungskoalition die umstrittene Polizeireform und baut auch sonst deutlich weniger Personal ab als bislang geplant. Zugleich sollen bis 2014 noch rund 435 Millionen Euro zur Finanzierung des Desasters um den Hauptstadtflughafen BER aus dem Landeshaushalt bereitgestellt werden, davon 212 Millionen Euro für Schallschutz. Diese weitreichenden Finanzbeschlüsse hat das von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geführte Kabinett am Dienstag auf den Weg gebracht.

Der beschlossene Doppelhaushalt 2013/2014 ist der letzte vor der nächsten Landtagswahl, die 2014 ansteht. Brandenburg gibt danach weiter jährlich rund zehn Milliarden Euro aus, die ab 2014 durch Einnahmen gedeckt sind. Das Land wird trotz der BER-Vorsorge ab 2014 keine neuen Schulden mehr machen, zwei Jahre früher als Berlin. Es sei der „erste ausgeglichene Etatentwurf in der Geschichte des Landes“, sagte Platzeck. Man könne sich „damit im Konzert der Bundesländer sehen lassen“. Für das Ressort zuständig ist Helmuth Markov, der einzige Linke-Finanzminister in Deutschland.

Um alles zu finanzieren, muss das Land allerdings im Jahr 2013 noch einmal Kredite aufnehmen – statt geplanter 200 Millionen Euro sogar nun 360 Millionen Euro. Zudem soll eine Sparreserve von 185 Millionen Euro aufgelöst werden. Das Land ist mit rund 18 Milliarden Euro relativ hoch verschuldet.

Beim Abbau des Landespersonals geht die rot-rote Koalition deutlich gemäßigter vor, wirft bisherige Planungen über den Haufen, etwa bei der Polizeireform. „Wir wollen das Land nicht kaputtsparen“, sagte Platzeck. Die vom Kabinett ebenfalls verabschiedete „Personalbedarfsplanung 2018“ sieht für 2018 eine Landespolizei mit rund 7350 Stellen vor. Die bisher geltende umstrittene Zielzahl von 7000 Polizei-Stellen bis 2019 – derzeit sind es rund 8500 – ist unrealistisch geworden. In der Koalition geht man davon aus, dass es keinen weiteren Abbau über 7400 Stellen bei der Polizei hinaus geben wird, worauf Innenminister Dietmar Woidke (SPD) – angesichts der explodierenden Kriminalität in den Grenzregionen und im Berliner Umland – als neue Mindeststärke schon lange hinarbeitet.

Nicht verschont, aber geschont werden nun doch Justiz, Finanzämter und Umweltverwaltung. Möglich wird dies, weil die rot-rote Koalition sich auf eine weniger einschneidende Zielvorgabe für den Personalabbau insgesamt geeinigt hat. So soll das Personal von derzeit 48 271 Stellen nunmehr in den nächsten sechs Jahren lediglich auf rund 43 000 Stellen schrumpfen. Das sind rund 1000 Stellen mehr als noch im ersten Markov-Entwurf vom Mai 2012 vorgesehen. Das Konzept hatte einen Sturm der Entrüstung im Land ausgelöst– von Gewerkschaften, Linken, Justiz und Hochschulen. Gegenüber der einst als heilig geltenden Zielmarke von 40 000 Stellen im Landesdienst für das Jahr 2019, auf die der einstige Finanzminister und spätere Innenminister Rainer Speer einst den Ministerpräsidenten Matthias Platzeck und die SPD getrimmt hatte, sind es sogar dreitausend Stellen mehr. Den von der SPD lange betriebenen Abbau auf 40 000 Stellen, an dem bereits die Bildung der rot-roten Koalition fast gescheitert wäre, wollten die Linken schon lange kippen. Die SPD hatte als Gesichtswahrung zuletzt durchgesetzt, diese Marke bis zum Jahr 2022 zu erreichen, was aber nun noch unwahrscheinlicher wird.

Auf die rund 43 000 Mitarbeiter im Landesdienst für 2018 hatten sich die Koalitionsspitzen intern vor zwei Wochen geeinigt, um drohende Konflikte vor der Wahl zu entschärfen. So wird die Bildung geschont, die Lehrer-Schüler-Relation (1:15,4) stabil gehalten, bleibt es bei mehr als 16 000 Lehrerstellen im Land. Der Anteil der Lehrer am Personalbestand des Landes wird deshalb bis 2018 von 34 auf 39 Prozent steigen. Massive Einschnitte waren ursprünglich in der Justiz, besonders bei Verwaltungsgerichten, aber auch bei Hochschulen geplant. Auch das ist vom Tisch. Und es geht nicht allein um Stellenabbau. In den Folgejahren treten tausende Landesdiener ohnehin in den Ruhestand, so dass ohne Einstellungen das Personal auf 36 500 Stellen bis zum Jahr 2018 sinken würde. Nach den Beschlüssen soll es fast 6500 Neueinstellungen geben.

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