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Brandenburg: Tabubruch im Kreistag

Erstmals stimmen Demokraten für NPD-Antrag.

Oranienburg – Es war wohl ein Betriebsunfall am Mittwochabend, eine Stunde vor Anpfiff des Halbfinales bei der Fußball-Weltmeisterschaft. Nach langen Reden sollte es im Kreistag von Oberhavel ganz schnell gehen. Es passierte das, was nicht geschehen sollte: Eine Mehrheit aus CDU, FDP und Teilen der Grünen stimmte für einen Antrag der NPD, wonach die Debatte im Kreistag zur Kreisvolkshochschule beendet werden sollte – ein Tabubruch für ganz Brandenburg. Noch am Abend verlor das Kommunalparlament sein prominentestes Mitglied: Gerrit Große (Linke), die Vize-Präsidentin des Brandenburger Landtags.

„Mich stört nicht so sehr der Antrag der NPD“, sagte Große, die auch Bildungsexpertin der Linksfraktion im Land ist. „Aber damit wurde der Konsens der Demokraten aufgebrochen, nicht für einen Antrag der Rechtsextremen zu stimmen. Das haben wir auch so gehalten, als die DVU noch im Landtag war.“ Rückdeckung bekam Große von Linke-Landeschef Thomas Nord, der von einem „richtigen Schritt“ sprach. Vom Abstimmungsverhalten des Kreistags zeigte sich auch Dirk Wilking, Chef des Mobilen Beratungsteams gegen Gewalt und Rechtsextremismus in Brandenburg, überrascht. Sein Institut demos hat einen Leitfaden herausgegeben zum Umgang mit rechten Parteien in Kommunalparlamenten. Seine Empfehlung: Keine Stimme für Anträge vom äußersten rechten Rand, „denn das wäre ein Zeichen, dass man sie auf Augenhöhe akzeptiert“.

Aus den letzten drei Jahren sei ihm kein Fall aus Städten und Kreisen in Brandenburg bekannt, bei dem es „so eine Zustimmung zur NPD überhaupt gegeben hat“. Große war am Mittwoch ohnehin sensibilisiert. Sie organisierte Proteste in Oranienburg und Hennigsdorf, weil dort Neonazis aufmarschieren wollten. axf

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