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Dieter Dombwrowski ist Brandenburgs neuer CDU-Fraktionsvorsitzender.

© dapd

Dieter Dombrowski: "Von einer Schlachteplatte kann keine Rede sein"

Dieter Dombrowski ist neuer Fraktionschef von Brandenburgs CDU. Mit dem Tagesspiegel sprach er über Machtkämpfe nach dem Sturz von Saskia Ludwig und die Zukunft seiner Partei.

Sie wurden mit dem denkbar knappen Ergebnis von 11 Ja-Stimmen gegen 8 Nein-Stimmen zum neuen CDU-Fraktionsvorsitzenden geführt, sind Nachfolger der vor einer Woche gestürzten Vorgängerin Saskia Ludwig. Wird in der brandenburgischen CDU gerade eine neue "Schlachteplatte" serviert?

Es ist ein ehrliches Ergebnis, es ist eine Mehrheit, ich kann damit leben. Von einer Schlachteplatte kann hier keine Rede sein. Man darf eins nicht vergessen: Was wir in den letzten zehn Tagen durch gestanden haben, war eben auch mit hohen emotionalen Belastungen verbunden. In der praktischen Arbeit wird die Zusammenarbeit in der Fraktion aber weitergehen. Ich erwarte keine Abstriche bei der Schlagkraft und Geschlossenheit der CDU.

Die Union nach Jörg Schönbohm war schon einmal in zwei Lager gespalten, um den damaligen Parteichef Ulrich Junghanns und seinen Widersacher Sven Petke gespalten. Erleben wir eine Neuauflage?

Ich glaube nicht, dass die CDU gespalten ist, weder die Fraktion, noch die Partei.

Das müssen Sie erklären.

In früheren Zeiten war die CDU dauerhaft mit sich selbst beschäftigt. Jetzt ging es "nur" um eine Wahl. Die CDU-Fraktion ist so zusammengewachsen, dass die Arbeit funktioniert. Sie ist hocheffizient und leistungsfähig. Darauf kommt es an. Ich sehe keine Gefahr, dass die CDU-Fraktion in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sein könnte.

Aber vor einer Woche war das Stimmungsbild noch klar, stand eine Mehrheit von mindestens vierzehn Abgeordneten gegen Ludwig, und zwar im Wissen um Ihre angekündigte Kandidatur. Worauf führen Sie es zurück, dass einige wieder absprangen?

Es ist eine geheime Wahl. Ich möchte über die Gründe nicht spekulieren. So ist aber der politische Alltag. Wir sind nicht bei Wünsch-Dir-Was.

Trotzdem, war es eine Retourkutsche Ihrer Vorgängerin oder bereits ein Nebenschauplatz, um Sie als möglichen Kandidaten für den vakanten Parteivorsitz zu verhindern?

Ich will da nicht mutmaßen.

War es ein Fehler, dass Sie vorher nicht in Einzelgesprächen für sich geworben haben?

Ich habe das ganz bewusst nicht getan. Es ist nicht meine Art, im Zusammenhang mit meiner eigenen Kandidatur allen alles zu versprechen. Ich bin frei, auch in meinen persönlichen Entscheidungen. Ganz nebenbei: Wenn eine Partei in Regierungsverantwortung ist, dann ist die Partei auch im Inneren im Grunde genommen bereit alles zu schlucken, um die Regierungsfähigkeit nicht zu gefährden. Wenn eine Partei in Opposition ist, sind alle auch wesentlich freimütiger in Auseinandersetzungen.

Es kommt nicht häufig vor, dass mitten in der Legislatur eine Fraktions- und Parteichefin gestürzt wird …

…. die Situation zumindest im Landtag Brandenburg zeigt das Gegenteil. Hier haben schon mehrere Fraktionen - bis auf die Grünen - in der laufenden Wahlperiode ihre Vorsitzenden gewechselt.

Nach dem FDP-Fraktionschef Götz und Linke-Chefin Kerstin Kaiser musste nun CDU-Fraktions- und Parteichefin Saskia Ludwig gehen. Was hat eigentlich dazu geführt, dass der Vertrauensverlust zu Ludwig in der Fraktion so groß war?

Auslöser war, dass viele Kolleginnen und Kollegen immer mehr den Eindruck hatten, dass die frühere Vorsitzende teilweise sehr, persönliche Meinungen vertrat, hinter denen man sich nicht mehr versammeln wollte.

Sie meinen die fundamental-konservative Gegenposition zum Volkspartei-Kurs von Kanzlerin Merkel, die Angriffe gegen Landesmedien, die Wahl des Rechtsblatts "Junge Freiheit" als bevorzugte Plattform. Trifft es Sie, wenn Ludwig-Anhänger Ihnen Illoyalität vorwerfen?

Nein, weil nix dran ist. Ich habe in all den Jahren auch in dieser Fraktion immer Loyalität bewiesen. Dennoch ist jeder eine eigenständige Persönlichkeit. Für mich ist vor allem wichtig, dass die CDU, dass die Fraktion insgesamt funktioniert, und zwar als Team. Da hat jeder ein bisschen zurückzustecken. Loyalität beruht darauf, dass man bereit ist, jemandem zu folgen. Loyalität bedeutet aber nicht, dass man sich selbst aufgeben muss.

Die Geschichte der brandenburgischen CDU nach 1990 war stets durch Machtkämpfe und Führungswechsel geprägt. Sie sind ein Urgestein, waren immer dabei, mal mehr, mal weniger aktiv. Hat sich in der CDU wirklich etwas verändert?

Die Partei ist eine andere. Wir haben von 1999 bis 2009 Regierungserfahrung sammeln können, sozusagen auch die andere Seite kennen gelernt. Jetzt sind wir in der Opposition. Wir sind insgesamt klüger geworden. Wir wissen alle, was es bedarf, um gestalten, um Regierungsverantwortung übernehmen zu können. Ich kann für alle Kollegen sagen, dass sie hohe Fachkompetenz besitzen und bienenfleißig sind. Wir haben zum Beispiel die gesamte Sommerpause durchgearbeitet und Politik für Brandenburg gemacht.

Was bedeutet Ihre Wahl zum Fraktionschef für den Oppositionskurs der Union?

Dieter Dombwrowski ist Brandenburgs neuer CDU-Fraktionsvorsitzender.
Dieter Dombwrowski ist Brandenburgs neuer CDU-Fraktionsvorsitzender.

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Es ist ja die Frage, wie Opposition und Regierung im Rahmen ihrer Rollen miteinander umgehen. Ich habe jetzt in den Medien viel gelesen, auch über mich. Ich finde mich wieder, wenn dort in Bezug auf Dieter Dombrowski überwiegend festgestellt wird: Ich bin hart in der Sache, aber fair, nicht verletzend. Ich denke, dass ist eine gute Grundlage.

Trotz Flughafenskandal und härtester Attacken der Union sitzt Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) mit seiner rot-roten Koalition fest im Sattel. Was ist Ihr Rezept?

Die Dominanz der SPD in diesem Lande hängt vor allem an ihrem Ministerpräsidenten, früher an Herrn Stolpe, jetzt an Herrn Platzeck. Aus Gründen, die mir und den Wahlforschern auch nicht ganz einleuchtend sind, genießen Ministerpräsidenten in Brandenburg per se eine hohe Verankerung in der Bevölkerung. Es ist nicht mein Ziel, jetzt den Ministerpräsidenten persönlich schlecht zu reden: Seine rot-rote Politik ist aber schlecht für Brandenburg.

Sie glauben, dass das das Wahlvolk irgendwann auch so sieht?

Ja, je mehr die Bürger mitbekommen, dass Herr Platzeck als Regierungschef die Verantwortung dafür trägt, was im Land funktioniert und eben auch nicht funktioniert, dann werden Zweifel wachsen, ob die gegenwärtige Konstellation für das Land passt. Brandenburg hat eine Regierung, die mit sich selbst beschäftigt ist. Irgendwann kommt es bei den Bürgern an. In einer Demokratie gibt es keine Macht auf Dauer, das gilt für die Union wie für die SPD. Die Sozialdemokraten werden diese Erfahrung auch noch machen.

Halten Sie die Rücktrittsforderung gegenüber Ministerpräsident Matthias Platzeck wegen des Flughafenskandals aufrecht?

Die CDU-Fraktion hatte mich geschlossen nach intensiver Diskussion beauftragt, den Rücktritt von Herrn Platzeck zu fordern. Diese Rücktrittsforderung war notwendig gewesen, um deutlich zu machen, dass Herr Platzeck ein Regierungsamt inne hat und nicht nur der gute Onkel ist, der segnend durchs Land fährt. Es war ein Mittel, um deutlich zu machen, dass er die Verantwortung für das gesamte Regierungshandeln trägt, und damit auch für den enormen Ansehensverlust und den Finanzschaden für unser Land durch das Flughafendesaster. Eine Rücktrittsforderung an den Ministerpräsidenten wiederholt man nicht jede Woche. Wir haben klar gesagt: Herr Platzeck ist verantwortlich für das Flughafen-Desaster, auch für die Mängel in der Inneren Sicherheit, die schlechte Bilanz in der Bildungspolitik, für die Absenkung der Investitionsquote. Im Volksmund sagt man: Wie der Herr, so das Gescherr.

Dennoch, werden Sie die Eiszeit zur SPD und zu Platzeck, die es unter Ludwig gab, beenden?

Wir haben zehn Jahre mit den Kollegen und Kolleginnen der SPD gut zusammengearbeitet, es gibt viele gute Kontakte, nicht nur von mir, auch von vielen Abgeordneten. Die Union ist eine selbstbewusste, eigenständige Partei. Wir werden niemandem hinterherlaufen, wir bieten uns niemandem an. Für uns ist es wichtig als CDU, dass wir bei der Landtagswahl 2014 ein möglichst gutes Ergebnis erzielen.

Was heißt das konkret?

Wir wollen so stark sein, dass gute Politik in Brandenburg danach nur mit der CDU möglich sein wird. Ich werde keine Prozente nennen, aber wir wollen und wir werden deutlich zulegen. Wir wollen 2014 Rot-Rot beenden.

Unter Vorgängerin Saskia Ludwig galt eine Koalition mit einer SPD unter Platzeck ausgeschlossen. Gilt das auch für Sie?

Ein solche Vorgabe hat es in der CDU Brandenburg und der Fraktion nie gegeben. Noch einmal: Wir arbeiten, damit die Bürger uns vertrauen. Ich will, dass Brandenburg wieder eine Regierung bekommt, die das Land voranbringt und nicht in neue Unsicherheiten und Risiken stürzt. Die jetzige Landesregierung hat Glück, dass die Rahmenbedingungen gut sind, mit enorm hohen Steuermehreinnahmen und niedrigen Zinsen. Wenn das anders kommt, ist diese Regierung sowieso schneller am Ende als sie denkt.

Von Ludwig-Anhängern wird kolportiert, dass Dieter Dombrowski sowieso nur Minister werden wolle, es eine Anbiederung an die SPD geben werde. Lässt Sie das kalt?

Wir leben in einem freien Land, jeder darf seine Meinung haben. Ich sage dazu nur: Niemand bei Rot-Rot hat die Sorge, dass Dieter Dombrowski einen Kuschelkurs fährt. Ein deutliches Zeichen dafür ist auch, dass die Rücktrittsforderung gegen Ministerpräsident Matthias Platzeck in die Zeit fiel, als ich die Fraktion geführt habe. Noch einmal: Ich stehe für einen klaren, aber fairen Oppositionskurs.

Sie sind auch Generalsekretär der Union. Drohen nach dem holprigen Führungswechsel in der Fraktion auch in der Partei die Nachbeben und Folgekämpfe um den vakanten Vorsitz?

In einer demokratischen Partei ist es völlig normal, dass Wahlen und inhaltliche Klärungen ergebnisoffen geführt werden. Entscheidend ist, dass man am Ende getroffene Entscheidungen gemeinsam trägt. Ich bin mir sicher, dass die Union auch nach den anstehenden Entscheidungen für den Landesvorsitz eine kampfstarke Truppe sein wird, die es ermöglicht, 2014 in Brandenburg zu anderen politischen Verhältnissen zu kommen.

Glauben Sie wirklich, dass Frau Ludwig, die immerhin den größten Kreisverband der CDU führt, brav einreihen wird?

Ich schätze Frau Dr. Ludwig nach wie vor, für ihre klare, zielorientierte Arbeit. Es ist nachvollziehbar, dass sie im Kreisverband über großen Rückhalt verfügt. Ich habe nicht die Sorge, dass Frau Dr. Ludwig an-deren und der Partei das Leben schwer machen möchte, ich habe keinerlei Zweifel an ihrer Loyalität zur Union.

Die CDU hat jetzt die Möglichkeit, Partei und Fraktionsvorsitz zu trennen oder wie bisher in einer Hand zu bündeln. Schließen Sie nach der Schlappe bei der Fraktionswahl persönlich eine Kandidatur für den Parteivorsitz aus?

Es war ein ehrliches Ergebnis aber keinesfalls eine Schlappe. Unabhängig von der heutigen Wahl zum Fraktionsvorsitzenden habe ich die Auffassung: Beides ist möglich, Personalunion oder Ämtertrennung. Es gibt gute Argumente für eine Doppelspitze, es gibt auch gute Argumente, es in einer Hand zu halten. Was Landesvorstand und Kreisverbände für den besseren Weg halten, werde ich mittragen. Das habe ich bisher erklärt und das gilt auch heute.

Das Gespräch führte Thorsten Metzner

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