zum Hauptinhalt
Katastrophe am Waldrand. Schon kurz nach dem Start in Schönefeld gab es technische Probleme, über Cottbus drehte der Kapitän das Flugzeug - schaffte aber nur den Weg bis Königs Wusterhausen.

© dpa

Flugzeugabsturz bei Berlin: Erstes Gedenken nach 40 Jahren

Am 14. August 1972 stürzte bei Königs Wusterhausen ein Flugzeug ab. 156 Menschen starben. 60 von ihnen wurden auf einem Waldfriedhof bestatteten, sie konnten wegen der schweren Brandverletzungen nicht mehr identifiziert werden.

Nur ein Hügel im Wald bei Königs Wusterhausen deutet auf das größte Flugzeugunglück in Deutschland hin. Planierraupen schoben hier vor 40 Jahren die Krater mit Unmengen von Kies und Sand zu, die der Aufprall der brennenden Wrackteile der IL 62 der Interflug hinterlassen hatte. Die nicht mehr gebrauchten Erdmassen blieben als kleine Erhöhung im Gelände zurück. Alle anderen Spuren der Katastrophe vom 14. August 1972 hat die Natur mit Bäumen, Sträuchern und einer dicken Moosschicht bedeckt. Lediglich ein Gedenkstein in 500 Meter Entfernung erinnert an die 156 Toten. Er geht auf eine private Idee von Wolfgang Ketelhut zurück, der damals von seinem Balkon aus die Explosion am Himmel beobachtete und als einer der ersten Helfer in denWald rannte. „Die Opfer haben es verdient, nicht vergessen zu werden“, sagte er.

Lange Zeit sah es aber genau danach aus. „Mir ist es völlig unverständlich, dass erstmals seit 40 Jahren überhaupt eine Gedenkveranstaltung stattfindet“, meinte Klaus Scholz, der damals als Feuerwehrmann bei der Bergung half. „Irgendwie wollte niemand daran erinnert werden.“ Am gestrigen Nachmittag gehörte er zur Gruppe von 15 Zeitzeugen, die sich am Denkmal für 60 Tote auf dem Waldfriedhof in Wildau versammelten. Am Abend legten der Bürgermeister von Königs Wusterhausen und der Landrat des Kreises Dahme-Spreewald am privaten Gedenkstein einen Kranz nieder.

Bei den 60 auf dem Waldfriedhof bestatteten Menschen handelt es sich um die nicht mehr zu identifizierenden Passagiere. Die anderen Toten fanden in ihren Heimatorten die letzte Ruhe. Niemand hatte den Absturz der Maschine, die Urlauber nach Burgas an der bulgarischen Schwarzmeerküste bringen sollte, überlebt. „Wir haben mit einfachen Mitteln versucht, die Toten den Namen auf den Passagierlisten zuzuordnen“, erzählte Heinz Mutschinski, der damals als Mitglied der Kreis-Katastrophenkommission die Bergungsarbeiten koordinierte. „Bei den meisten Opfern genügte ein Blick auf die Schuhsohlen. Denn die meisten Urlauber hatten vor dem Abflug noch den Schuhmacher aufgesucht, der seine Nummer auf die Unterseite geklebt hatte. Eine Rückfrage in den Werkstätten brachte uns dann auf die richtige Spur.“

Über die Ursache des Absturzes gibt es keinen Zweifel mehr. Eine undichte Heißluftleitung im Gepäckraum hatte Elektroleitungen beschädigt, so dass es zu einem Kurzschluss kam. Dieser löste ein Feuer aus, das Geräte ausfallen ließ und schließlich zum Abriss des Hecks führte. Als die Besatzung die Probleme nach dem Start in Schönefeld bemerkt hatte, flog die Maschine schon über Cottbus. Sie sollte nach Schönefeld zurückkehren, schaffte es aber nur noch bis Königs Wusterhausen.

„Die sowjetischen Iljuschin-Werke nahmen den detaillieren DDR-Untersuchungsbericht zunächst nicht zur Kenntnis und wiesen den Vorwurf eines Konstruktionsfehlers zurück“, erinnert sich der langjährige Interflug-Pilot Heinz-Dieter Kallbach, der damals ebenfalls nach Burgas unterwegs war, aber mit einer IL 18. „Iljuschin befürchtete einen Imageverlust, baute ab 1973 still und leise die Leitungen im Gepäckraum der IL 62 um.“ In der DDR wurde die Unglücksursache mit Rücksicht auf die „große Freundschaft zur Sowjetunion“ nie offiziell verkündet. Ex- Feuerwehrmann Klaus Scholz konnte das Schweigen in den Jahren danach nie verstehen. „Die Angehörigen, die auf der Gedenkveranstaltung vor 40 Jahren in ihrer Verzweiflung auf die Särge trommelten und ihren Schmerz herausschrieen, haben das schon damals verdient.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false