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Das Unglücksflugzeug auf einem Feld in der Nähe von Birkenwerden im Oderbruch.

© dpa

Prozess wegen versuchten Mordes: Nach Flugzeugabsturz: Angeklagter beschuldigt Fluglehrer

Kleomenis St. soll im Sommer vergangenen Jahres als Flugschüler versucht haben, eine Cessna zu kapern. Seinen Fluglehrer, der ebenfalls an Bord war, sagte am Prozesstag, er habe ihn mit einem Stein geschlagen. Der wegen versuchten Mordes angeklagte Kleonemis St. hat eine ganz andere Version.

Die Beweisstücke könnten unterschiedlicher nicht sein: Ein in einer Socke verstecktes Messer, ein großer Kristallstein aus einer privaten Mineraliensammlung und in mehreren Berliner Wohnungen gefundene Briefe mit einem Testament und Geld. Mit diesen Dingen will das Landgericht Frankfurt (Oder) die Hintergründe eines Flugzeugabsturzes am 21. Juni 2013 im Oderbruch, 80 Kilometer nordöstlich Berlins, aufklären.

Auf der Anklagebank sitzt der 52-jährige Kleomenis St., der sein Geld nach eigenen Angaben als Schuhdesigner verdient. Die Staatsanwaltschaft wirft dem gebürtigen Griechen, der zwischen New York, London und Berlin pendelt, „versuchten Mord, schwere Körperverletzung und Angriff auf den Luftverkehr“ vor.

Er soll versucht haben, als Flugschüler eine „Cessna“ in seine Gewalt zu bringen, um diese in Tötungsabsicht zusammen mit dem Fluglehrer Winfried G. abstürzen zu lassen. Beide Personen überlebten leicht verletzt, obwohl sich das Kleinflugzeug an einer Böschung überschlagen hatte. Der Angeklagte sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Dubioses Verhalten des Angeklagten

„Mir erschien der Mann als geltungsbedürftig, ein bisschen schräg und in einer eigenen Welt lebend“, schilderte ein 55-jähriger Zeuge am Donnerstag vor Gericht den Charakter des Angeklagten. „Er hat in den letzten sieben bis acht Jahren immer wieder mal mehrere Monate oder einige Tage in meiner Berliner Wohnung gelebt. Da gab er sich mal als französischer, mal als dänischer Geschäftsmann aus, obwohl er nicht mal die zehn Euro Miete pro Tag bezahlen konnte.“ Der Mann habe von geschäftlichen Schwierigkeiten gesprochen und als einzige Einnahmequelle eine „staatliche Unterstützung als HIV-positiv Erkrankter aus Griechenland“ genannt. Kennengelernt hatten sich die beiden übers Internet.

Ausgerechnet aus dem Mineralienschrank des Wohnungsinhabers nahm der Angeklagte am 21. Juni 2013 einen ein Kilo schweren Amethyst mit auf den Flugplatz in Strausberg, wo er den zweiten Übungsflug mit dem 72-jährigen Fluglehrer Winfried G. absolvieren wollte. Das ergaben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Vorher hatte er wegen einer vermeintlich schweren Erkrankung, die sich als harmlos herausgestellt hatte, sein Testament gemacht und rund 800 Euro in Umschlägen bei Bekannten in Berliner Wohnungen deponiert und den Verkauf seines Hauses in Griechenland eingeleitet.

Angriff in 1500 Meter Höhe

„Mit diesem Stein hat er mir mitten im Flug dreimal gegen das Gesicht geschlagen und mit beiden Daumen gegen meine Augen gedrückt“, schilderte der Fluglehrer am ersten Verhandlungstag die Ereignisse in 1500 Meter Höhe. Die Maschine trudelte dem Erdboden entgegen. Im letzten Augenblick habe er eine Notlandung einleiten können.

Am Boden kletterte der Angeklagte aus der Maschine und lief in Richtung Oder. Ein Fährtenhund der Polizei entdeckte ihn versteckt im Wald. Auch er wies Verletzungen auf, die gerichtsärztliche Gutachter mit hoher Wahrscheinlichkeit als „typische Selbstbeibringung“ bewerteten.

Die Stiche an den Gelenken und am Hals könnten Folgen eines Suizidversuches gewesen sein. Die Kopfverletzungen des Fluglehrers seien aber „eindeutig mit einem scharfkantigen Stein“ verursacht worden. Lebensbedrohlich seien sie nicht gewesen. Beide Unfallopfer wurden ins Unfallkrankenhaus Marzahn gebracht, wo die Ärzte ein in einer Socke verstecktes Messer fanden.

Angeklagter hat andere Version

Kleomenis St. beharrte auf einer ganz anderen Version. Er beschuldigte den Fluglehrer „schwerer schwuler Annäherungsversuche“. Der 72-Jährige habe gedroht, die Maschine zum Absturz zu bringen, wenn er nicht sexuelle Handlungen an ihm vornehme. In dem Gerangel sei die Maschine abgestürzt. Auch am Boden sei der Fluglehrer mit einem Messer auf ihn losgegangen, wogegen er sich mit einem Stein habe wehren können. Aus Angst, man werde ihm nicht glauben, sei er geflüchtet.

Winfried G. war 30 Jahre Offizier der DDR-Luftstreitkräfte, bevor er und seine Frau sich mit der Flugschule selbstständig machten. Er hält die Aussage des Angeklagten für eine „grenzenlose Verleumdung“. Er sei weder schwul noch je zudringlich zu einem Schüler gewesen.

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