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Brandenburg: Der Kandidat tritt ins Parteigestrüpp

Peter Danckert auf Tour: Skepsis in Königs Wusterhausen, Händeschütteln in ZeesenVON MICHAEL MARA POTSDAM."Wir haben Danckert in Wildau gehört - das reicht!

Peter Danckert auf Tour: Skepsis in Königs Wusterhausen, Händeschütteln in ZeesenVON MICHAEL MARA POTSDAM."Wir haben Danckert in Wildau gehört - das reicht!" Auf der Versammlung des SPD-Ortsvereins in Königs Wusterhausen schlägt dem Berliner Prominentenanwalt und Mann von Welt kaum verhohlene Feindseligkeit entgegen.Knapp 20 Sozialdemokraten, überwiegend weißhaarig, haben sich in der der Plattenbaugaststätte "Märkischer Hof" eingefunden, um einen neuen Ortsvorstand zu wählen.Danckerts Auftritt steht nicht auf der Tagesordnung - die Genossen legen auch keinen Wert darauf.Nach einigem Hin und Her darf der etwas verdattert dreinschauende Gast im dunklen Anzug dann doch begründen, warum er im Brandenburger Wahlkreis 278 für den Bundestag kandidieren will."Maximal zehn Minuten", lautet die Bedingung. Er habe sich nicht selbst beworben, sondern sei von der SPD Teltow-Fläming gebeten worden.Der Grund sei wohl, daß er sich seit 1991 in der Region engagiere, versucht Danckert dem offenbar verbreiteten, durch jüngste Attacken von Richard Schröder geschürten Wessi-nimmt-Ossi-Mandate-weg-Vorurteil offensiv entgegenzutreten."Ich kenne mich hier aus und habe einiges bewirkt".Aber so sehr er sich auch ins Zeug legt, von seiner Unterstützung für Restitutionsopfer oder der Rettung einer hiesigen Fleischfabrik erzählt, derem Aufsichsrat er vorstand - die Genossen blicken finster drein.Fragen zu seiner Kandidatur hat niemand, nur Ex-Landrat Peter Linke stichelt, was Danckert denn eigentlich für die Fleischfabrik getan habe."Ich kann mich gar nicht erinnern, daß sie an ihrer Rettung beteiligt waren." "Wer sind Sie denn?", fragt Danckert arglos.Empörte Mienen, auf denen so etwas wie "Der kennt ja nicht mal unseren Landrat - und so was will in den Bundestag" zu lesen ist. An die zwanzig Ortsvereine hat Danckert inzwischen abgeklappert, um sich vorzustellen und für seine Kandidatur zu werben.Aber dergleichen ist ihm noch nicht passiert.Schon vor geraumer Zeit hat der Ortsverein demonstrativ seinen jungen, als chancenlos geltenden Vorsitzenden Lutz Franzke als Gegenkandidaten nominiert."Königs Wusterhausen ist ein Sonderfall", meint Danckert beim Verlassen der Gaststätte.Oder vielleicht ein böses Omen? Nur einige Kilometer entfernt im Hotel "Zeesener Hof" ist das Bild wenig später tatsächlich ein anderes, ist die Stimmung entspannt und aufgeschlossen.Als Danckert das Restaurant betritt, lobt sich gerade ein Berufskollege und Gegner - der Patentanwalt Udo Effert, zugleich Unterbezirkschef von Dahme-Spreewald - in den allerhöchsten Tönen."Ich bin der einzige Kandidat, der industriepolitische Kompetenz aufweist." Das muß etwas heißen, denn SPD-Kandidaten für das Bundestags-Direktmandat gibt es im merkwürdigen Wahlkreis 278 wirklich mehr als genug.Acht sind es bereits, so viele wie sonst nirgendwo in einem der zwölf Brandenburger Wahlkreise.An diesem Abend buhlen gleich sieben um die Gunst der Zeesener Ortsvereinler.Darunter neben dem schwergewichtigen Patentanwalt aus Westfalen, der Wert auf die Feststellung legt, 1990 in die Noch-DDR eingebürgert worden zu sein, und dem ehrgeizigen Ortsvereins-Aktivisten Franzke aus Königs Wusterhausen auch der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Karl-Ludwig Böttcher, und die kurzfristig ins Rennen gegangene Susanne Melior, die dem Landesvorstand angehört.Selbstbewußt präsentiert sie sich in unmißverständlicher Abgrenzung zu Danckert als "märkische Urpflanze", die ihre "besondere ostdeutsche Kompetenz" in den Bundestag einbringen wolle.Wie der "Spiegel" herausgefunden haben will, soll Melior von Ministerpräsident Stolpe höchstpersönlich zur Kandidatur ermuntert worden sein, um - man staune - Danckerts Nominierung zu verhindern.Der Regierungschef ließ das inzwischen als Ente dementieren.Warum auch sollte Stolpe seinem früheren Anwalt die angestrebte Polit-Karriere nicht gönnen? Danckert jedenfalls läuft nach dem vorgangegangenen Debakel zu großer Form auf, als würde er Steffi Graf im Gerichtssaal verteidigen: Er redet nicht zehn, sondern fast dreißig Minuten, verspricht Bürgernähe ("falls ich in den Bundestag gewählt werde, richte ich fünf Bürgerbüros ein") und Ausbildungsplätze ("man muß nur in die Betriebe gehen und mit den Chefs reden").Die Zeesener Basis zeigt sich interessiert, es kommt sogar eine Diskussion auf.Die anderen Kandidaten verfolgen den Auftritt des Stars eher miesgrämig.Als sie sich bereits verabschiedet haben, nach Schluß des offiziellen Teils, führt Danckert Einzelgespräche, schüttelt er Hände. Aber ob der erfolgreiche Anwalt wirklich geahnt hat, worauf er sich einläßt, als er auszog, um sich in der märkischen Provinz für ein Bundestagsmandat zu bewerben? Denn - das zeigt sich in Königs Wusterhausen oder Zeesen, das beweisen Richard Schröders Anti-Wessi-Kampagne oder die Schalck-Golodkowski-Attacken von Stefan Hilsberg - Danckert ist mit seiner Kandidatur in ein Gestrüpp komplizierter SPD-Interessenlagen geraten: Regionale Gliederungen, Ost und West, SPD-Gründer und neue Mächtige liegen im Clinch.Hat er seinen Schritt bereut? Danckert lächelt: "Zurück kann ich jetzt nicht mehr." Die Entscheidung, wer für das Direktmandat im Wahlkreis 278 kandidiert, fällt am 8.November.

MICHAEL MARA

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