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Brandenburg: Der Wasserflut folgt Streit um die Hilfe

Innenminister Ziel kritisiert Bonner Bürokratie / Zwischenfall in der Ernst-Thälmann-SiedlungVON THORSTEN METZNER POTSDAM.Brandenburg hat der Bundesregierung vorgeworfen, die Auszahlung der Hochwasser-Nothilfen durch bürokratische Hürden unnötig zu erschweren.

Innenminister Ziel kritisiert Bonner Bürokratie / Zwischenfall in der Ernst-Thälmann-SiedlungVON THORSTEN METZNER POTSDAM.Brandenburg hat der Bundesregierung vorgeworfen, die Auszahlung der Hochwasser-Nothilfen durch bürokratische Hürden unnötig zu erschweren.Wenn es bei den bisherigen Bedingungen bleibe, können aus dem 40-Millionen-Topf von Bund und Land nur 8 Millionen Mark abfließen, sagte Innenminister Alwin Ziel am Freitag."Außerdem würden die Betroffenen die Gelder erst Weihnachten oder Ostern bekommen." Die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Land müsse korrigiert werden.

Das Bundesfinanzministerium zeigte sich auf Nachfrage von den Vorwürfen überrascht.Die Kritik könne nicht nachvollzogen werden, sagte eine Sprecherin.Das von Bund und Land eingerichtete Informationszentrum in Frankfurt sei ein unbürokratisches Mittel, um die Hilfen zügig auszuzahlen.

Ziel erinnerte daran, daß Bundeskanzler Helmut Kohl und Innenminister Kanther den Opfern der Hochwasserkatastrophe schnelle und unbürokratische Hilfe versprochen hatten.Die bisherige Praxis habe aber gezeigt, daß die zwischen Finanzminister Waigel und Brandenburgs Finanzministerin Simon ausgehandelten Auszahlungsmodalitäten der Realität nicht gerecht würden."Die Bedingungen kann nicht akzeptieren, wer den Betroffenen vor Ort in die Augen geschaut hat - sie sind so, als wären wir in Friedenszeiten", sagte der Minister, der "die Bürokratie des Bundesinnenministeriums" kritisierte.

Laut Verwaltungsabkommen erhalten Hochwasseropfer (private Haushalte und Gewerbebetriebe) aus dem 40 Millionen-Soforthilfetopf ein Handgeld von 2000 Mark sowie weitere 10 000 Mark, die aber - da unter Rückzahlungsvorbehalt - faktisch Darlehen sind.Ziel sagte, Brandenburg wolle bei den Nachverhandlungen mit dem Bund das Handgeld - damals rechnete man mit der Überflutung des Oderbruchs und rund 20 000 Betroffenen - deutlich zu erhöhen.Nach Angaben des Innenministeriums stehen in den Hochwassergebieten etwa 300 Häuser unter Wasser.Zum anderen sollen die Antragswege unkomplizierter werden, weniger Anträge und Unterschriften nötig sein als bisher.Zum Dritten will Brandenburg durchsetzen, daß auch betroffene Gemeinden Gelder beantragen und Evakuierungskosten aus dem Sofort-Hilfe-Topf erstatten lassen können, was der Bund bislang abgelehnt hat.

Unterdessen hat der Spendenstab der Landesregierung seine Arbeit aufgenommen.Um Transparenz zu gewährleisten, soll über die Vergabe eine zentrale Ehrenkommission in Frankfurt mitentscheiden.Ihr sollen Vetreter von Regierung und betroffenen Landkreisen, Handwerkskammer und Industrie- und Handelskammer, aber auch der Freien Wohlfahrtspflege angehören.Die Teilnahme von Parlamentariern an der Kommission, wie von der PDS gefordert, ist bislang nicht vorgesehen.Nach Auskunft von Hans-Jochen Knöll, Chef des Spendenstabes, will Ministerpräsident Stolpe nach einer "anerkannten Persönlichkeit" für den Vorsitz suchen.

Die Lage in der Hochwasserregion hat sich weiter entspannt.Dennoch sei das um sich greifende "allgemeine Entwarnungsgefühl" verfrüht, sagte Ziel.Innenstaatssekretär Werner Müller forderte evakuierte Bewohner auf, von Erkundungsgängen in überschwemmte Siedlungen der Ziltendorfer Niederung abzusehen.Am Vortag war bei einer Stippvisite in der Ernst-Thälmann-Siedlung ein Bewohner fast ertrunken.Ziel: "Wir hätten fast das erste Todesopfer dieses Hochwassers beklagen müssen."

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