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Flug ins Ungewisse: Diskussion um Flugrouten ist noch nicht vorbei

Die Lärmkommission hat ihre Empfehlungen vorgelegt. Nun sind andere am Zug. Im Januar entscheidet das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung über An- und Abflüge.

Schönefeld - Die Fluglärmkommission stellt vorerst ihre Arbeit ein – aber die Berliner und Brandenburger werden erst im Januar definitiv erfahren, wo die Flugzeuge nach Eröffnung des neuen Airports in einem Jahr entlangfliegen. Dann entscheidet das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung über An- und Abflüge. Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums sagte dem Tagesspiegel, es handle sich um einen festgelegten Fahrplan. „Wir haben es mit einem kompletten An- und Abflugverfahren für einen neuen Flughafen zu tun. Auch das Bundesumweltamt und das Bundesjustizministerium müssen Stellung nehmen. Das ist umfangreich und braucht einfach seine Zeit.“ Bereits in wenigen Wochen wird sich zeigen, was die Empfehlungen der Kommission überhaupt wert sind. Am 4. Juli will die Deutsche Flugsicherung (DFS) ihre Routenvorschläge für die Bundesbehörde vorlegen.

Seit September hat die Kommission beraten. Die Beschlüsse weichen teils erheblich vom ersten Vorschlag der Flugsicherung vom September 2010 ab, der zu massiven Protesten geführt hat. Plötzlich sollten andere Gemeinden und Bezirke überflogen werden als jahrelang angenommen. Nach den Starts sollten die Flugrouten von der Nord- und der Südbahn in einem 15-Grad-Winkel abknicken. Zusätzlich befeuert wurde der Protest, als bekannt wurde, dass in Brandenburgs Landesregierung lange bekannt war, dass die im Planfeststellungsbeschluss von 1998 festgehaltenen Geradeaus-Routen reine Makulatur waren.

Ganz vom Tisch sind diese Routen nicht, bei denen die wenigsten Menschen vom Fluglärm betroffen wären. Auch die Bürgerinitiativen fordern eine Rückkehr. Eine Sicherheitsstudie soll nun Auskunft geben, ob ein unabhängiger Parallelbetrieb mit Geradeaus-Flügen wie in München doch eingeführt werden kann – was einer Ausnahmegenehmigung bedarf. Frühestens in zwei Jahren könnte solch eine Regelung greifen.

Die Lärmkommissionschefin Kathrin Schneider sprach von einem „anstrengenden Lernprozess“ und stellte nüchtern fest: „Flugzeuge erzeugen Lärm, die Kommission kann diesen Lärm nicht vermeiden.“ Die Mitglieder hätten sich in einem Dilemma befunden, die Lärmverteilung sei schwer auszutarieren. Zeuthens Initiativen-Chef Martin Henkel sagte, das Gremium sei zwar ein „zahnloser Tiger“, aber bei den Routen hätte sich viel getan.

Forderungen nach einem kompletten Nachtflugverbot und den Verzicht auf ein Drehkreuz für Weiterflüge wies der Flughafensprecher Ralf Kunkel zurück. „Das würde 15 Jahre Berliner und Brandenburger Luftverkehrspolitik konterkarieren.“

Die Fluglärmgegner wollen mit einer Volksinitiative in Brandenburg und einem Volksbegehren in Berlin ein Nachtflugverbot erzwingen. Die Sprecherin der Initiative „Keine Flugrouten über Berlin“, Marela Bohne-Winkel, sieht die Landesregierungen als BBI-Gesellschafter am Zug. Die Flugrouten würden im Berliner Wahlkampf eine Rolle spielen. „Jetzt ist es an der Politik, Wort zu halten und den Bürgerwillen umzusetzen“, sagte sie. Die Landesregierungen und auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hatten gefordert, die Beschlüsse der Kommission müssten berücksichtigt werden.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD wiederholte am Montag indirekt seine Forderung, Lärmschutz gehe vor Wirtschaftlichkeit. Gefragt seien Flugstrecken, „die nicht in jedem Fall den einfachsten, normalen Verfahren entsprechen können“. Der zuständige Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) sagte, die Flugsicherung müsse schon sehr gute Argumente herausholen, „wenn sie bessere Routen vorlegen will“. Fest steht aber auch: Mehrfach hatte sich die DFS skeptisch geäußert, und auch die Fluggesellschaften lehnen viele Vorschläge wegen hoher Mehrkosten ab.

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