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Brandenburg: Hitlergruß und Pöbeleien

Junge Männer randalieren in der Gedenkstätte Sachsenhausen / Ukrainer beleidigtVON FRANK JANSEN ORANIENBURG.Erneut haben in der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen mutmaßlich rechtsradikal eingestellte junge Männer randaliert und Besucher angepöbelt.

Von Frank Jansen

Junge Männer randalieren in der Gedenkstätte Sachsenhausen / Ukrainer beleidigtVON FRANK JANSEN ORANIENBURG.Erneut haben in der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen mutmaßlich rechtsradikal eingestellte junge Männer randaliert und Besucher angepöbelt.Eine Gruppe ukrainischer Jugendlicher sowie ein britisches Kamerateam seien gestern mit ausländerfeindlichen Parolen beleidigt worden, teilte das Polizeipräsidium Oranienburg mit.Die Täter seien "ganz offensichtlich als Skinheads zu erkennen gewesen", sagte ein Sprecher der Mahn- und Gedenkstätte.Der Vorfall ist Teil einer nicht abreißenden Serie von Attacken auf die Mahnstätte.Allein im Sommer habe es bei den Workcamps, an denen Jugendliche aus dem In- und Ausland teilnehmen, jede Woche mindestens drei bis vier Übergriffe gegeben, berichtete Gedenkstättenleiter Günter Morsch. Diesmal seien die Täter möglicherweise aus Berlin gekommen, sagte der Pressesprecher der Gedenkstätte, Horst Seferens.In einem Pulk von Besuchern habe sich die Gruppe an der Eingangskontrolle vorbei auf das Areal "geschleust".Die jungen Männer hätten Bier getrunken und die leeren Flaschen auf den Weg fallen lassen.Am Turm A, dem Eingang zum ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen, hätten die Skins die jungen Ukrainer gesehen und diese mit Hitler-Gruß sowie fremdenfeindlichen Sprüchen beleidigt.Dem herbeieilenden Wachschutz sei es gelungen, die Randalierer ohne Anwendung von Gewalt vom Gelände zu drängen.Außerhalb der Gedenkstätte nahm die Polizei dann neun Männer fest.Die Staatsanwaltschaft Neuruppin prüft, ob es sich bei den Straftaten um Beleidigung oder das härter zu bestrafende Delikt der Volksverhetzung handelt. Erst am 9.November war in Oranienburg ein Hotel mit Hakenkreuzen beschmiert worden, in dem jüdische Gäste der Gedenkstätte übernachteten.Abends wurde der jüdische Friedhof von Oranienburg verwüstet.Die aus Israel, Deutschland und anderen Ländern herbeigereisten Juden nahmen an der Einweihung der als Museum wiederaufgebauten "Baracke 38" teil, die 1992 zusammen mit der "Baracke 39" von rechtsextremen Brandstiftern angezündet worden war.Im letzten Jahr hatte die Zerstörung mehrerer Skulpturen des britischen Künstlers Stuart Wolfe Aufsehen verursacht.Der Bildhauer wollte mit seinen Figuren an das Leid von Häftlingen auf dem Weg in die Nazi-KZ erinnern.Die Skulpturengruppe stand an jenem Bahnhof, von dem aus die SS ihre Opfer durch die Straßen von Oranienburg zum Lager trieb.Die Reste der zerstörten wie die nicht beschädigten Skulpturen wurden dann von der Stadt entfernt. Das Zurückweichen der Kommune hat Morsch, der auch die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten leitet, empört.Es ist für ihn ein Zeichen dafür, "daß zu wenig entschlossen gehandelt wird".Die Skulpturen hätten eben "rund um die Uhr" bewacht werden müssen, "denn es darf nicht sein, daß Rechtsextremisten Erfolge haben".Das Verhältnis zwischen der Gedenkstätte und ihrer Umgebung sieht Morsch denn auch weiterhin als problematisch an."Die Gedenkstätte ist nach wie vor eine Tabuzone.Ich befürchte sogar, daß sie stärker wird," sagte er gestern zum Tagesspiegel.Dazu trage auch die bereits abgesegnete Verkehrsplanung der Stadt bei."Die Gedenkstätte wird künftig genau in einem verkehrsumtosten Dreieck liegen", klagte Morsch. Neben Vorfällen wie dem gestrigen sowie den regelmäßigen Angriffen auf die Teilnehmer der Sommer-Workcamps fürchtet Morsch, daß "ein gewisser Pegel solcher Verhaltensweisen zum Alltag geworden ist." Es sei "normal", beim Einkauf in einem Oranienburger Supermarkt junge Männer mit Wehrmachtskoppel und Totenkopf-Abzeichen der SS anzutreffen.Morsch: "Und es merkt keiner mehr".

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