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Wie das Parlament mit dem Volksbegehren umgeht, ist offen. Die Regierungskoalition setzt es unter Druck.

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Update

Mehr als 100 000 Unterschriften gesammelt: Volksbegehren zu Nachtflugverbot in Brandenburg erfolgreich

Mit der Forderung nach einem strengeren Nachtflugverbot muss sich nun der Landtag befassen. Das klare Votum bringt SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) in die Klemme. Das Parallelbegehren in Berlin war kürzlich gescheitert.

In Brandenburg war das Volksbegehren für ein strenges Nachtflugverbot am Hauptstadt-Flughafen Schönefeldd erfolgreich. Wie der Landeswahlleiter in Potsdam am Montagabend mitteilte, wurden 106 332 gültige Unterschriften gesammelt, womit die Hürde von 80 000 Stimmen überraschend deutlich genommen wurde. In Brandenburg kam damit erstmals seit 1990 überhaupt ein Volksbegehren durch, was am Abend auf der zentralen Party der Initiatoren in Teltow mit Jubel gefeiert wurde. Das Parallelbegehren in Berlin war dagegen kürzlich gescheitert. Über die Forderungen muss nun der Potsdamer Landtag abstimmen. Das Bevölkerungsvotum für ein Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr, das über den rechtskräftigen BER-Planfeststellungsbeschluss hinausginge, bringt nun Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und die von ihm geführte rot-rote Regierungskoalition in die Bredouille. Denn es sei gegenüber Berlin und dem Bund für den BER nicht durchsetzbar, hieß es in ersten Reaktionen von SPD und Linken.

„Ministerpräsident Platzeck muss jetzt auf sein Volk zugehen, wenn er nicht an demokratischer Legitimation verlieren will“, warnte dagegen Matthias Schubert aus Kleinmachnow, Sprecher des Anti-Fluglärm-Aktionsbündnisses für ein lebenswertes Berlin-Brandenburg und Mitglied des SPD-Landesvorstandes. Brandenburg ist besonders betroffen. Allein in Mahlow-Blankenfelde direkt neben der Landebahn unterschrieb jeder zweite der 25 000 Einwohner, sagte Bürgermeister Ortwin Baier (SPD). Aus der allgemeinen Einsicht, dass Schönefeld der falsche Airport-Standort sei, müssten endlich Konsequenzen gezogen werden. Aber selbst im entfernteren Potsdam waren rund 10 500 Unterschriften gesammelt worden. Krach droht bei Brandenburgs Linken. Die Bundestagsabgeordnete Dagmar Enkelmann erneuerte die Forderung an die Linke im Landtag, nun dem Volksbegehren zuzustimmen, nachdem die Partei durch die bisherige Nicht-Unterstützung an „Glaubwürdigkeit verloren“ habe. Man müsse das Ergebnis, „und zwar jede Stimme ernst nehmen“, sagte Linke-Fraktionschef Christian Görke. Er plädiere für ein bundeseinheitliches striktes Nachtflugverbot, sehe aber „keine Möglichkeit“, dass Brandenburg es allein am BER gegenüber Berlin und dem Bund, den anderen Flughafeneignern, durchsetze. Tatsächlich lehnen der Bund und Berlin eine Ausweitung des Nachtflugverbotes – bisher von Mitternacht bis fünf Uhr – unter Verweis auf die Wirtschaftlichkeit des BER ab.

Zudem hat das Volksbegehren eine weniger beachtete zweite Forderung, nämlich die nach einer Änderung des Landesentwicklungsplans, um zur Entlastung BER-Flugverkehr auf andere Flughäfen im Land zu verlagern. „Wir sind gegen die Verlärmung anderer Teile Brandenburgs“, sagte Görke. Die SPD-Vizefraktionschefin Martina Gregor-Ness sagte, das Volksbegehren setze den Planfeststellungsbeschluss nicht außer Kraft.

Von den im Brandenburger Landtag vertretenen Oppositionsfraktionen fordern nur die Grünen nun, das Volksbegehren anzunehmen - mit dem Zusatz eines Vetos für eine Verlagerung von Nachtflügen auf Regionalflughäfen. CDU-Oppositionsführer Dieter Dombrowski sagte, die Union werde das Anliegen ernsthaft prüfen. „Schließlich braucht Brandenburg einen akzeptierten Flughafen.“ Bislang lehnen in Brandenburgs Landtag neben der SPD auch CDU und FDP ein strengeres Nachtflugverbot am BER mehrheitlich ab, so dass ein Ja zum Volksbegehren als eher unwahrscheinlich gilt.

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