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© Steyer

Outlet-Center: Zum Shoppen ins Dorf

90 Häuser voller Läden, 16 500 Quadratmeter Platz – hinter Spandau öffnet im Juni ein riesiges Designer-Outlet-Center. Zieht das die Kundschaft aus Berlin ab?

Wustermark – Man nehme ein paar Villen à la Toskana, füge Brandenburger Fachwerkfassaden hinzu, ein repräsentatives Rathaus und mindestens 150 Jahre alte Residenzen von Kaufleuten, ziehe eine mittelalterliche Mauer darum und baue große Tore ein – fertig ist das Dorf. Eben das entsteht derzeit mit erst einmal 40 von später 90 Gebäuden an der verlängerten Heerstraße B 5 hinter Spandau, kurz vor der Autobahnauffahrt Wustermark. Das Besondere: Hier wird nicht gewohnt, sondern eingekauft. Die Mieter sind Filialen mit Markenwaren von Tommy Hilfiger, Stefanel, Adidas, Mexx oder Hallhuber. Am 18. Juni eröffnet dieses erste ostdeutsche „Designer Outlet Village“.

Die Preise für alle angebotenen Bekleidungsstücke sind um 30 bis 70 Prozent reduziert. Dafür stammen sie nicht aus aktuellen Saisonkollektionen oder weisen kleine Mängel auf. Das im Jahr 2000 an gleicher Stelle eröffnete Outlet-Center wird im Zuge des Neubaus schrittweise abgerissen. Die Umsätze waren in den vergangenen Jahren eher mau. Viele Kunden fühlten sich in den lieblos gestalteten Verkaufshäusern nicht wohl und kamen kein zweites Mal.

„Shoppen muss ein Erlebnis sein“, sagt Center-Manager Christian Trapmann von der neuen amerikanisch-britischen Eigentümergruppe McArthurGlen. „Genau deshalb wollen wir den Kunden eine Atmosphäre wie auf dem Ku’damm bieten. Sie sollen spazieren gehen und in kleineren Boutiquen oder größeren Filialen auswählen können.“ Der Umsatz hänge gerade bei Bekleidung nicht allein vom Preis des einzelnen Artikels ab.

80 bis 100 Millionen Euro lässt sich die Eigentümergruppe, die 17 Outlet-Center in ganz Europa betreibt, die Neubauten in Wustermark kosten. Die Verkaufsfläche steigt von derzeit 9000 auf 16 500 Quadratmeter. Eine noch größere Ansiedlung scheiterte am Widerstand Berlins, das seit Jahren gegen einen Abfluss von Kaufkraft ins Umland kämpft. „Die großen Einkaufszentren auf der grünen Wiese sind eine Sünde aus der Vergangenheit“, sagt Petra Rohland, Pressereferentin aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. „Heute würde man in der gemeinsamen Landesplanung von Berlin und Brandenburg mit Sicherheit anders entscheiden.“ Für Wustermark hätten sich die Behörden beider Länder auf einen Kompromiss geeinigt. Beschränken sich die Investoren auf 16 500 Quadratmeter Verkaufsfläche, verzichtet Berlin auf eine gerichtliche Klage gegen das Center.

Zuletzt war Berlin im April 2005 vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht mit dem Versuch gescheitert, die Baugenehmigung für einen „Adidas Outlet Store“ in Wustermark zu untersagen. Die Richter wiesen damals die Argumentation der Senatsverwaltung zurück, das neue Geschäft würde dem Einzelhandel in der Altstadt Spandau schaden und verwiesen auf die Spandau-Arcaden mit mehr als 33 000 Quadratmetern Verkaufsfläche. Das Shopping-Center schöpfe viel mehr Kaufkraft aus der Altstadt ab, urteilten die Richter. 60 Prozent Kunden des Outlet-Centers sollen aus Berlin kommen, 20 Prozent verteilen sich auf Potsdam und das übrige Brandenburg, der Rest sind Durchreisende und Bustouristen aus Osteuropa. „Wir werden uns peinlich genau an die 16 500 Quadratmeter halten“, sagt Marketing-Managerin Connie MacFarlane. „Wir wollen keinen Streit riskieren.“ Das Shopping-Dorf, das im Herbst 2010 komplett sein soll, bringt 700 Jobs. Derzeit arbeiten in den Läden und in der Gastronomie des Centers 400 Menschen. Von der Wirtschaftskrise sind die Betreiber nicht betroffen, alle Finanzierungsabkommen waren schon vor 2008 geschlossen.

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