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Brandenburg: Reiches neue Fusions-Überlegung bringt die SPD durcheinander

Fraktionschef Birthler wiegelt ab, Oppositionschef Bisky zeigt sich aufgeschlossenVON MICHAEL MARA Potsdam.Der Vorstoß von SPD-Landeschef Steffen Reiche für einen neuen Fusionsanlauf in der nächsten Legislaturperiode hat erheblichen Wirbel ausgelöst.

Fraktionschef Birthler wiegelt ab, Oppositionschef Bisky zeigt sich aufgeschlossenVON MICHAEL MARA Potsdam.Der Vorstoß von SPD-Landeschef Steffen Reiche für einen neuen Fusionsanlauf in der nächsten Legislaturperiode hat erheblichen Wirbel ausgelöst.Die Fraktionschefs von PDS und CDU, Lothar Bisky und Peter Wagner, reagierten grundsätzlich aufgeschlossen, sprachen sich aber dagegen aus, die von Reiche vorgeschlagene Abstimmung über ein neues Verhandlungsmandat für die Regierung mit den Landtagswahlen 1999 zu koppeln.SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler sieht nach dem klaren Votum der Wähler am 5.Mai 1996 "keine Veranlassung für neue Fusionsüberlegungen". Reiches Vorschläge, in einem am Dienstag vom Tagesspiegel veröffentlichten internen Strategie-Papier enthalten, kamen selbst für die meisten SPD-Politiker völlig überraschend.Das Papier war nur einigen Spitzenpolitikern - darunter Manfred Stolpe und Wolfgang Birthler - bekannt gewesen, nicht jedoch den Abgeordneten der Fraktion.Diese reagierten dann auch überwiegend skeptisch."Viele Abgeordnete haben den Kopf geschüttelt", sagte Fraktionssprecher Michael Donnermeyer.Der Vorstoß werde derzeit als bedenklich angesehen, weil der Eindruck entstehen könne, die Regierung habe kein Konzept für das Single-Dasein Brandenburgs.Birthler zufolge war eine Veröffentlichung vorerst nicht geplant: Das Strategie-Papier sollte intern diskutiert und überarbeitet werden.Nun will sich die Fraktion am Dienstag damit befassen. Gleichwohl hielt sich Birthler, ein konsequenter Fusionsgegner, mit Kritik an Reiches Vorschlag nicht zurück: Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern funktioniere deutlich besser als anderswo in der Bundesrepublik.Nach dem Votum der Brandenburger Wähler stehe ein neuer Fsusionanlauf "aktuell nicht zur Debatte".Davon ist in Reiches Papier allerdings auch keine Rede: Der SPD-Chef betont vielmehr, daß die derzeitige Regierung kein Mandat habe, in neue Verhandlungen einzutreten.Doch geht er davon aus, daß sich die Fusionsfrage "unabhängig vom politischen Mandat 1999 noch einmal neu stellen wird".Er begründet dies mit der schwierigen Entwicklung der Finanzen in beiden Ländern, den wachsenden Abstimmungsproblemen und der mit dem Regierungsumzug 1998/99 einsetzenden Dynamik. Auch Birthler bestritt gestern nicht, daß der Regierungsumzug neue Bedingungen bringe.Andere Gründe könnten ebenfalls für einen neuen Fusionsanlauf sprechen.Zum Beispiel wenn sich herausstellen sollte, daß die Zusammenarbeit beider Länder an objektive Grenzen stoße.Deshalb müsse die Option für einen neuen Fusionsanlauf offengehalten werden.Doch sei es "Schwachsinn", die Wähler 1999 bei der Landtagswahl über ein Verhandlungsmandat abstimmen zu lassen.Diese Option sei in der Verfassung festgeschrieben.Im übrigen bezweifle er, daß die Berliner zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereit wären, Fusionsverhandlungen aufzunehmen.Die schärfste Kritik aus den eigenen Reihen kam vom Brandenburger SPD-Bundestagsabgeordneten Stefan Hilsberg.Reiche sei im "falschen Film": Erstens werde es nicht gelingen, die Bevölkerung in zwei Jahren umzustimmen, zweitens würde eine Kopplung der Abstimmung über einen neuen Fusionsanlauf an die Landtagswahlen die absolute Mehrheit der SPD aufs Spiel setzen.Reiches Vorstoß schade der Brandenburger SPD. Hingegen bezeichnete es PDS-Fraktionschef Lothar Bisky als bemerkenswert, daß Reiche seinen Vorschlag an die Bedingung knüpfe, es müsse deutliche Signale von unten für eine Fusion geben.Dies sei der Ansatz der PDS beim gescheiterten ersten Fusionsanlauf gewesen.Er stehe einem solchen Fusionsprojekt deshalb aufgeschlossen gegenüber.Allerdings müßten zunächst Erfahrungen in der praktischen Zusammenarbeit gesammelt werden.Wenn beide Länder sie wirklich ernst nähmen, könne eine Fusionsentscheidung schon in fünf bis sechs Jahren fallen.Doch sei es zwingend erforderlich, daß sich die Regierung zunächst auf die eigenen Kräfte besinne, selbst wenn sie die Fusion anstrebe.CDU-Fraktionschef Wagner sagte, daß das Zusammenwachsen der Region Berlin-Brandenburg programmiert sei.Der nächste Landtag werde sich mit diesem Thema beschäftigen müssen.Doch könne ein Fusions-Vorstoß zum jetzigen Zeitpunkt kein Ersatz für fehlende Konzepte der Regierung sein.

MICHAEL MARA

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