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Berlin: Brandstiftungsserie: 33-Jähriger legte Geständnis ab - Glückloser Spieler zündelte aus "Lebensfrust"

Die seit drei Monaten andauernde Brandstiftungsserie im Reinickendorfer Norden ist aufgeklärt. Der in der Nacht zu Dienstag festgenommene 33-jährige Verdächtige hat nach mehreren Stunden Vernehmung am Dienstagabend gestanden, der lange gesuchte Brandstifter zu sein.

Die seit drei Monaten andauernde Brandstiftungsserie im Reinickendorfer Norden ist aufgeklärt. Der in der Nacht zu Dienstag festgenommene 33-jährige Verdächtige hat nach mehreren Stunden Vernehmung am Dienstagabend gestanden, der lange gesuchte Brandstifter zu sein. Auf sein Konto gehen nach Auskunft von Polizeipräsident Hagen Saberschinsky mindestens 74 Brände. Der dabei entstandene Sachschaden wird mit 1,5 bis 2 Millionen Mark angegeben. Das Motiv für die nächtlichen Brandstiftungen, bei denen keine Menschen verletzt wurden, war unter anderem offenbar "Lebensfrust".

Der 33-jährige ledige Sozialhilfeempfänger spielte offenbar ebenso leidenschaftlich wie erfolglos an Automaten in Spielhallen. Dadurch war er verschuldet. Die Brandstiftungen seien für ihn offenbar der Ausgleich für seine kostspielige Sucht gewesen, sagte der Leiter des Landeskriminalamtes, Hans-Ulrich Voß, am Mittwoch. Er verwies auf die wenig glückliche Kindheit des aus Zerbst (Sachsen-Anhalt) stammenden Mannes, der bereits in der DDR wegen Brandstiftung verurteilt worden war.

Die Schule verließ der spätere Brandstifter bereits nach der sechsten Klasse, aufgewachsen ist er in Kinder- und Jugendheimen. Einen Beruf erlernte er nicht. 1985 zündete er in der DDR einen Kälberstall an, wurde dafür zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, aber 1987 wieder entlassen. Danach zerstörte er unter anderem Telefonzellen, sagte Saberschinsky und wurde wegen "Zerstörung sozialistischen Eigentums" erneut verurteilt. Nach der Wende kam er nach Berlin.

Für seine nächtlichen Brandstiftungen in Reinickendorf in einem großen Umkreis um seine Wohnung an der Titiseestraße war für den Täter auch der "Reiz, nicht entdeckt zu werden" ausschlaggebend. Bisher hat er 46 Taten gestanden. Insgesamt hat es seit Anfang April, als die Serie begann, 74 mal gebrannt. 37 Autos und Wohnmobile gingen in Flammen auf, 8 Lauben und 15 Container brannten. 14 mal zündete er Zäune, Baumaterial und anderes an.

Die Dauer der Serie und die Vielzahl der Fälle sei geeignet gewesen, das "Sicherheitsempfinden der Bevölkerung nachhaltig zu stören", sagte Saberschinsky. Daher habe die zuständige Polizeidirektion 1 eine Vielzahl von Beamten eingesetzt. Nacht für Nacht seien zwischen 30 und 100 Zivilbeamte in dem rund 30 Quadratkilometer großen Bereich unterwegs gewesen, in dem der Täter aktiv war. Der Brandstifter suchte sich seine Objekte nach dem günstigsten Fluchtweg aus. So lag auch der letzte Tatort Am Waidmannseck / Oraniendamm nahe einer Grünfläche, durch die der 33-Jährige flüchtete. Zuvor war er allerdings beobachtet worden, wie er an einem Auto hantierte, an dem kurze Zeit später Flammen hochschlugen. Der Verdächtige wurde verfolgt und kurze Zeit darauf an der Schluchseestraße gestellt.

Mit großem Aufwand fahndete die Polizei nach dem Brandstifter: Fast 2300 Zivilbeamte überwachten in den vergangenen drei Monaten das hauptsächlich von den Brandstiftungen betroffene Gebiet zwischen Märkischem Viertel, Alt-Hermsdorf, Lübars, Wittenau und Waidmannslust, vorwiegend in der Zeit von 21 Uhr und 3 Uhr. Sie waren über 13 600 Dienststunden unterwegs, überprüften 117 verdächtige Personen und 28 Fahrzeuge und nahmen neun Personen fest. Acht von diesen waren unschuldig.

Menschen wollte der 33-jährige Brandstifter nicht verletzten. Er habe jedes Mal darauf geachtet, dass sich niemand in der Nähe befand, als er Feuer legte, gab Hans-Ulrich Voß eine Aussage des Mannes wieder. Meist war der Brandstifter zwar zu Fuß unterwegs, er fuhr aber auch mit dem Rad zu seinen Tatorten, wenn diese weit auseinander lagen.

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