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Berlin: Braucht Berlin eine Ausstellungshalle für moderne Kunst?

Die großen Museen, ja, die hat Berlin. Auch immer wieder sensationelle Ausstellungen, zahlreiche bedeutende Sammlungen, unzählige Galerien.

Die großen Museen, ja, die hat Berlin. Auch immer wieder sensationelle Ausstellungen, zahlreiche bedeutende Sammlungen, unzählige Galerien. Aber wo können wir die Kunst der Gegenwart kennenlernen? Wo ist zu sehen, was noch nicht museal geworden ist (aber vielleicht einmal wird), und was doch betrachtet zu werden verdient, auch über das Geschmacks- und Wertschöpfungsinteresse von Galeristen und Sammlern hinaus? So reich diese Stadt ist an Kunst, so wenig gibt es einen Ort, wo die aktuellen Positionen gebündelt, Impulse aufgenommen und Entwicklungen vorgestellt würden – und zwar in größerem Maßstab als bei den privaten Kunstvereinen und -gesellschaften. Ein Treffpunkt und Resonanzraum der hiesigen Szene ebenso wie ein Schaufenster in die Welt. Eine Spiel-, Denk- und Arbeitswiese für Kuratoren und Künstler. Kurz gesagt, eine Kunsthalle, deren Besuch für kunstinteressierte Berliner und ihre Gäste so etwas wie Pflicht ist. Und apropos Wiese: Natürlich ist dafür kein besserer Ort denkbar als der Schlossplatz, wenn die Reste des Palastes denn einmal weggeräumt worden sind (oder auch vorher schon). Bis dort irgendwann das „Schloss“ wieder aufgebaut sein wird, dürfte es ja noch dauern. Die Architektur muss nicht teuer sein; und besser als Stege aus Lärchenholz ist eine Kunsthalle allemal. Wenn sie anderswo entstehen sollte – auch gut! Fest steht nur, dass Berlin einen solchen Ort braucht.

Um zu ermitteln, ob Berlin eine neue Kunsthalle braucht, reicht schon ein Blick ins Statistische Jahrbuch des Landes. 153 Museen findet man darin, rund 50 Theater und 283 Kinos. Dazu kommen die privaten Galerien, von denen es mindestens 300 offiziell registrierte in der Stadt gibt, die gigantische Kunstmesse Art Forum mit hunderten Ausstellern und tausenden Künstlern nicht mitgerechnet. Und da brauchen wir jetzt noch eine „Berliner Kunsthalle“ für zeitgenössische Kunst, wie sie sich Klaus Wowereit in seiner Regierungserklärung erträumt hat? Das ist für einen frischgebackenen Teilzeit-Kultursenator überraschend realitätsfern. Und es wirkt angesichts der Berliner Haushaltslage schlicht absurd. Zu Recht war Wowereit vor kurzem sogar vom Koalitionspartner PDS dafür gescholten worden, dass er ohne Not auch gut verdienenden Eltern eine gebührenfreie Kita anbot – ohne zu sagen, woher das Geld dafür kommen soll. Jetzt folgt das nächste nicht bezahlbare Versprechen vor allem für die gutbürgerliche Klientel. Die Landesregierung werde für den Kunst-Traum nach Verbündeten suchen, hat Wowereit verkündet. Hallo? Erde an Senat: Haben wir nicht schon genug Probleme, für die wir ohne Erfolg nach Verbündeten suchen? Und sollte Wowereit tatsächlich wohlhabende Mäzene gewinnen, dann sollte er erst mal versuchen, mit deren Geld die Staatsoper zu retten, die er bislang erfolglos an den Bund abzutreten versucht. Lars von Törne

Holger Wild

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