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Berlin: Briefbombe: Charlyn muss nicht aussagen

Alle Parteien verzichten im Mordprozess auf die Nichte als Zeugin

Berlin - Charlyn ist in der Anklage als Zeugin benannt. Doch nun ist es amtlich: Dem Mädchen, das durch eine Briefbombe ihres Onkels schwer verletzt wurde, bleibt eine Aussage vor Gericht erspart. Im allseitigen Einvernehmen sei auf ihre Vernehmung verzichtet worden, verkündete das Gericht am zweiten Prozesstag. Peter J., der Rudower Bombenleger, hatte den Anschlag gestanden. Er habe aber nicht seine damals zwölfjährige Nichte, sondern seinen Schwager verletzen wollen, erklärte er.

Der 33-Jährige muss sich wegen versuchten Mordes verantworten. Hass auf die eigene Familie soll ihn getrieben haben. Peter J. sagte jedoch, er habe „ein Zeichen setzen“ und so Ermittlungen um einen Einbruch in seine Wohnung erzwingen wollen, für den er Charlyns Eltern verantwortlich machte. Die Polizei hätte sich auch um zwei „Typen“ kümmern sollen, die ihn angeblich verfolgten und umbringen wollten, sagte er gestern.

Wieder redete der Angeklagte viel, ließ immer wieder Sätze ohne ein verständliches Ende fallen und wunderte sich über Nachfragen. Diese drehten sich vor allem um sein Motiv. Peter J. blieb dabei: Es sei um polizeiliche Ermittlungen gegangen, nicht um Hass und Neid. Er habe gedacht, man würde verstehen, dass er nicht anders konnte. Mit den Bomben habe er aber nicht töten wollen. Zwei Sprengfallen hatte er am 26. November gelegt – im Briefkasten der Familie seiner Stiefschwester in Rudow und auf dem Auto des Schwagers. Als Charlyn die Post holen wollte, kam es zur Explosion. Ihr rechter Arm wurde zerfetzt, konnte nur knapp gerettet werden.

Der Bombenleger tauchte zunächst in Dessau unter. Von dort schickte er einer anderen Schwester eine E-Mail. Seine Probleme würden zum großen Teil darauf beruhen, „dass ich psychisch anders strukturiert bin“. Krank aber sei er nicht. „Psychopathie ist keine Krankheit“, schrieb er. Seine damalige psychische Verfassung dürfte im Mittelpunkt der Beweisaufnahme stehen. Nach einem vorläufigen psychiatrischen Gutachten soll Peter J. voll schuldfähig sein. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt. K.G.

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