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Berlin: „Briefträger und Knochenbrecher“

Ein Neonazi und Ex-Unterfeldwebel der Stasi steht im zweiten „Landser“-Prozess vor Gericht

Von Frank Jansen

Der Mann trat in der Vergangenheit auf wie ein Klischee-Nazi: kahl, kräftig, aggressiv und bei Szenetreffen in die schwarze, runenverzierte Lederweste der „Vandalen“ eingeschweißt. Jean-René B. zählt zum harten Kern der braunen Szene in Berlin, Sicherheitsexperten halten den einstigen Unterfeldwebel der Stasi für eine wandelnde Zeitbombe. Im Mai 2000 war er in einen Waffendeal verwickelt, den die Polizei gerade noch stoppen konnte. Ein Brandenburger Rechtsextremist wollte von B. ein halbautomatisches Gewehr kaufen, das zur Präzisionswaffe umgerüstet worden war – mit Zielfernrohr, Schalldämpfer und Munition. Dafür gab es eine Bewährungsstrafe, doch nun muss sich B. möglicherweise auf Haft vorbereiten. Von morgen an steht der 36-Jährige vor dem Landgericht – wegen des Verdachts, er habe die braune Rockband „Landser“ unterstützt, auch mit brachialer Gewalt.

Drei Mitglieder von „Landser“ – Michael R., André M. und Christian W. – müssen sich seit Ende Juni vor dem Kammergericht verantworten. Die Bundesanwaltschaft bezeichnet „Landser“ als kriminelle Vereinigung, die auf ihren CDs zu Gewalt aufruft und Migranten, Juden, Linke und andere Gegner, sogar Bundestagsabgeordnete, in wüsten Texten beleidigt. Ursprünglich sollte in dem ersten „Landser“-Prozess auch Jean-René B. auf der Anklagebank sitzen. Doch der Bundesgerichtshof entschied, das Verfahren gegen B. sei abzutrennen. Ihm werden „nur“ die Unterstützung einer kriminellen Vereinigung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

B. sei für „Landser“ als „Briefträger und Knochenbrecher“ tätig gewesen, heißt es in Sicherheitskreisen. So habe B. dem Sänger der Band, Michael R., ein Postfach zur Verfügung gestellt, über den ein Teil des Briefverkehrs der konspirativ agierenden Gruppe abgewickelt wurde. Im Juni 2001 soll B. in Dresden einen CD-Dealer zusammengeschlagen haben. Dieser hatte bei der Polizei über „Landser“ ausgesagt. Die Prügel zeigte Wirkung: Das Opfer zog seine Aussage zurück.

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