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Berlin: BSE: Verwirrung um Wurst-Etiketten

Wer versteht schon, was da alles auf den Wurst-Etiketten steht? Aus den Listen mit Inhaltsstoffen wird kaum jemand schlau.

Von Sabine Beikler

Wer versteht schon, was da alles auf den Wurst-Etiketten steht? Aus den Listen mit Inhaltsstoffen wird kaum jemand schlau. Doch wegen der BSE-Gefahr ist dieses Wissen womöglich entscheidend für die Gesundheit. Zwar gibt es in Berlin bisher weder positive BSE-Befunde noch "Auffälligkeiten" in der Wurst, sagte gestern Regina Kneiding, stellvertretende Sprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit. Entwarnung gibt die Verwaltung aber keinesfalls. "Die Verbraucher müssen selbst entscheiden, zu welchen Produkten sie greifen." Noch haben nicht alle Veterinärämter der Bezirke die Testergebnisse des Instituts für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen (ILAT) vorliegen.

Die Kundeninformation einzelner Lebensmittelgeschäfte über die Inhaltsstoffe der Wurst ist unterschiedlich. Otto Reichelt AG legte in den Filialen eine Liste von "Produkten, die kein Rindfleisch enthalten" aus. Doch genau der Zusatz "Rindfleisch" steht auf den Etiketten einiger Wurstsorten im Kühlregal. Sowohl Bierschinken als auch Mortadella mit Champignons, Paprika oder Pistazien enthalten, wie Kontrollen in mehreren Spandauer Filialen ergaben, laut Inhaltsangabe Rindfleisch. Bei der "Berliner Bratwurst mit Curry" mit Verfallsdatum 23. Dezember steht noch "Rindfleisch" auf dem Etikett, bei der Bratwurst mit Ablauftermin 2. Januar fehlt der Zusatz "Rindfleisch". Das gilt auch für Wiener Würstchen mit unterschiedlichen Verfallsdaten.

Reiner Krämer, Leiter der Reichelt-Qualitätätssicherung, sagte auf Anfrage, dass beiderlei Mischungen im Umlauf sind. Man habe die Rezepte umgestellt: "Wenn die Leute Wurst ohne Rindfleisch wollen, produzieren wir sie", sagte Krämer. Die nach dem alten Verfahren hergestellte Ware werde jedoch nicht aus dem Handel genommen, sondern laufe aus. Rindfleisch sei "nicht giftig und sein Verkauf nicht rechtswidrig". Die Verbraucher müssen also genau hinschauen.

Verwunderung bei den Kunden löste auch ein Angebot in den Lidl-Filialen aus. Der dort angebotene 650-Gramm-Ring "Delikatess Schinken-Fleischwurst Spitzenqualität" enthält laut Inhaltsangabe Schweine- und Rindfleisch. Daneben prangt ein roter Aufkleber: "Neue Rezeptur - nur Schweinefleisch". In einer Spandauer Filiale beispielsweise fehlte gestern bei den Wurstpäckchen in der obersten Lage dieser Hinweis - trotz gleichen Verfalldatums wie die rot gekennzeichnete Ware. Die Lidl & Schwarz-Pressestelle in Neckarsulm sah sich gestern Nachmittag zu keiner Stellungnahme in der Lage. Eine schriftliche Anfrage des Tagesspiegel werde man an den Einkauf weiterleiten, hieß es.

Der zuständige Veterinärdirektor Detlev Franke sagte, dass Spandau wie auch andere Bezirke Proben an das ILAT geschickt hätten. "Es gibt noch keinen Rücklauf." Auch Damian Nowak, Fachtierarzt für Lebensmittelhygiene beim Bezirksamt Zehlendorf / Steglitz sagte, dass zurzeit noch "Verdachtsproben" untersucht werden. "Das sind in Folien verschweißte Brühwürste." Beide Tiermediziner wollten keine Auskünfte über Produktnamen geben, sagten aber, dass Verbraucher durch die Etikettierung "irregeführt" werden könnten. Das ILAT analysiert zurzeit die Wurstzusammensetzung, und ob diese auch der Etikettierung entspricht.

Laut EU-Kennzeichnungsverordnung müssen Warenbeschreibung, Mindesthaltbarkeit, Gewichtsangabe, Hersteller, Fett, Wasser, Alkoholgehalt, Zutaten wie Rauch, Wursthüllen oder Innereien angegeben werden. Seit Oktober dürfen keine so genannten Risikomaterialien wie Gehirn, Rückenmark und Innereien vom Rind, teilweise auch von Schaf und Ziege verarbeitet werden.

Eine Wurst, zwei Angaben. Was enthält diese Fleischwurst? Laut Hersteller Schweine- und Rindfleisch - laut rotem Etikett eine "neue Rezeptur - nur Schweinefleisch".

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