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Berlin: Buch des Lebens

Jedes Kita-Kind erhält jetzt ein Sprachlerntagebuch. In diesem stehen alle Defizite – und Fortschritte

Erst sagt der Junge: „Da ist Tier!“ Dann wird er formulieren: „Guck, der Katze!“ Wenig später benennt er „die“ Katze richtig, die nun auch „Pfoten“ und „Krallen“ besitzt – Auszüge aus einem Sprachlerntagebuch. Solche Aufzeichnungen über sprachliche, aber auch soziale und emotionale Kompetenzen werden ab jetzt für alle 110 000 Berliner Kita-Kinder geführt. Mit den bundesweit einmaligen Tagebüchern sollen erstmals Lernfortschritte, aber auch Defizite und Fördermaßnahmen dokumentiert werden, sagte Bildungssenator Klaus Böger (SPD) am Freitag bei der Vorstellung der grünen Ringbücher. Die Gratis-Ordner werden jetzt nach und nach in allen Kitas ausgegeben.

Nach Studien wie „Bärenstark“ und „Deutsch plus“, die erhebliche Mängel bei Deutschkenntnissen vor allem von Kindern nichtdeutscher Herkunft nachwiesen, sollen die Sprachlerntagebücher künftig als Dokumentation dienen, aber auch Herausforderung für Eltern, Erzieherinnen und Kinder sein, sagte Böger. Die kommunale Kita an der Rathenower Straße 15 in Moabit arbeitet schon mit den Heftern, die 2003/4 von Verwaltungsexperten sowie Praktikern entwickelt und 2005 von 165 Erzieherinnen und 260 Kindern erprobt wurden. 3000 Kitaleiterinnen sind im Gebrauch geschult – und darin, dass Eltern aus datenschutzrechtlichen Gründen bestimmte Blätter herausnehmen können. Die meisten Eltern aber, gleich welcher Nationalität, seien stolz und neugierig auf die Ergebnisse, sagt die zuständige Mitarbeiterin der Senatsverwaltung, Steffi Hogan.

Blättert man den Ordner – mit für Kinderhand nicht allzu strapazierfähigen Seiten – auf, geht es erst um „Fragen zum Kennenlernen des Kindes und seiner Familie“. Es folgt das Kapitel „Das bin ich!“ – für eigene Worte, Fotos, Bilder. Die Erzieherinnen tragen dort etwa Originalzitate der Kinder ein. Es folgen die „Bildungsinterviews“ zum Stand der sprachlichen Entwicklung – auch Grundschullehrerinnen sollen diese später studieren. Das flexibel einzusetzende Buch sei gut in den Alltag zu integrieren, „wir haben jetzt endlich was in der Hand und müssen das nicht mehr zwischen Tür und Angel mit den Eltern besprechen“, sagt Erzieherin Inge Kreutz. Kinder seien prinzipiell wissbegierig und lernwillig, sagen die Pädagoginnen. Und wissen genau, wie sehr sich das Mädchen eigentlich über eigene Defizite ärgert, wenn es sich so ausdrückt, wie das im Sprachlerntagebuch nachzulesen ist: „Ich male doof Katze!“

Annette Kögel

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