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Berlin: Bückware bei der BVG

Infoheft zum neuen Liniennetz am ersten Tag kaum zu finden. Fahrgästeirritiert

In der Stadt gibt es wieder „Bückware“ wie einst in der DDR. Dieses Mal aber bei der BVG. Die Informationen zum neuen Liniennetz, das ab Sonntag gilt, erhielten gestern – am ersten Verteiltag – nur die Interessenten, die gezielt danach fragten. Am Schalter im U-Bahnhof Rathaus Steglitz waren die Hefte bereits am Nachmittag vergriffen und selbst der Infopavillon am Bahnhof Zoo hatte nur rund 50 Exemplare erhalten, die der Mitarbeiter nur auf Nachfrage unter dem Tisch hervorholte. In den Infofächern auf den Bahnhöfen lagen die Hefte gar nicht. Sie geben zum ersten Mal eine detaillierte Übersicht der geänderten Linien. Das Kundenmagazin „BVG plus-extra“ ist gratis. In den nächsten Tagen soll es großflächig verteilt werden, kündigte die BVG an. Warum es gestern zu Engpässen in der Verteilung kam, ließ sich nicht klären.

Auch Thomas Kirchner, Drehbuchautor und BVG-Kunde, möchte nur wissen, wie es weitergeht ab Sonntag. Er ging zu seinem Kiosk, fragte nach dem aktuellen Infoheft. Der Kioskbesitzer wühlte ein bisschen und stieß auf die Broschüre „plus 12“. Darin steht viel über Weihnachten, den „Schlittenersatzverkehr“ für schneelose Festtage, aber fast nichts über das mysteriöse „M“. Für Kirchner steht das „M“ vorläufig für „Mangelhaft“.

Tramlinie 52 in Mitte: Der Zug ist voll, die Halter für Infobroschüren sind leer. Tram 13 auf dem Weg nach Hohenschönhausen: Broschüren gibt es nicht. Vorne im Zug sitzen drei Studentinnen der Wirtschaftspädagogik. Svenja weiß, dass ihr Bus bald nicht mehr 211 heißt, sondern 118. Dass diese wichtige Information an ihrer Haltestelle nirgends zu finden ist, findet sie „eine absolute Frechheit“. Sie macht sich Sorgen, im Dickicht der neuen Linien den Überblick zu verlieren. Wenn es denn einen Überblick gäbe. Bus 255 in Richtung Pankow: Die Broschürenhalter sind leer. Eine Frau, blond, grüne Augen, hat sich schon ihre Meinung gebildet. „Es wird sich nur verschlechtern.“ Die Tramlinien 2 und 13 sollen wegfallen, in Teilen werden sie durch eine neue Tram ersetzt, die 12. Das weiß sie aus der RBB-„Abendschau“. Drei junge Männer mit Piercings und Tatoos haben irgendwas gelesen über diese Metrolinien, aber hängen geblieben ist fast nichts. Wissen Sie denn was?

Haltestelle Antonplatz: Andrea H., zurzeit arbeitslos, erzählt, dass sie an einer Bushaltestelle stand und las, dass die Station wegfallen soll, wegen einer „Metrolinie“. Sie las dieses Wort zum ersten Mal. „Ich dachte, die hätten da was verwechselt.“ Dass die Metrolinien wirklich kommen sollen, erschreckt sie schon sehr.

Tram 13, Richtung Kupfergraben: Zwei sehr junge Männer „aus der gehobenen Gastronomie“ flätzen auf den hinteren Sitzen. „Wat, die 13 soll wegfallen, echt, jetzte? Fährt die auch nicht mehr die Schwedter lang?“ loy/kt

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