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Berlin: Bündnisgrüne: Dringend gesucht: Neues Profil

Von einem Stimmungshoch für die Bündnisgrünen kann zurzeit keine Rede sein: Hätte es am Sonntag Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus gegeben, dann wären nur fünf Prozent der abgegebenen Stimmen auf die Grünen gefallen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Bielefelder Emnid-Institutes.

Von Sabine Beikler

Von einem Stimmungshoch für die Bündnisgrünen kann zurzeit keine Rede sein: Hätte es am Sonntag Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus gegeben, dann wären nur fünf Prozent der abgegebenen Stimmen auf die Grünen gefallen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Bielefelder Emnid-Institutes. Bundesweit würde die Grünen-Partei laut Emnid zurzeit sechs Prozent der Wählerstimmen erhalten. Die Ursache für das aktuelle Ergebnis vermuten die Meinungsforscher in der aktuellen Benzinpreisdiskussion und der "nicht so guten Performance der Bundesregierung", sagt Dieter Walz, im Emnid-Institut für Sozialforschung zuständig. "Einen langfristigen Trend kann man aus den Zahlen aber nicht ableiten."

Auch wenn die Diskussion über die Ökosteuer das aktuelle Stimmungsbarometer beeinflusst, können diese Zahlen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Berliner Bündnisgrünen einen deutlichen Sympathieverlust erlitten haben: Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im Oktober 1999 erhielt die Partei 9,9 Prozent der Stimmen - 1995 waren es noch 13,2 Prozent. Stecken die Berliner Bündnisgrünen in der Krise? Und hat die Partei als Koalitionspartner in der Bundesregierung auch auf Landesebene ihre Oppositionsrolle verloren?

Man habe schon ein "waches Auge" auf die Ergebnisse von Umfragen, sagt Regina Michalik, Vorsitzende des 3352 Mitglieder zählenden Berliner Landesverbandes. Die Partei müsse die grünen Programme deutlicher nach außen transportieren. "Wir haben einen Mangel an öffentlichkeitswirksamer Umsetzung unserer Inhalte." Michalik fordert Profilschärfung. Die Grünen seien nach wie vor in Berlin Oppositionspartei und "keine Regierungspartei im Wartestand". Dass die PDS den Grünen ihre Oppositionsrolle streitig macht, weist Regina Michalik zurück. "Die PDS kann die Oppositionsrolle nicht ausfüllen."

Da stimmt ihr Parteikollege und Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland zu. Wer stehe denn für eine andere Berliner Verkehrs-, Kultur- und Innenpolitik? Und wer habe zum Beispiel das ökologische Bauen in der Stadt gefördert? Das seien die Verdienste der Grünen-Partei. Außerdem habe die PDS als Opposition auf Bundes- wie auch auf Landesebene einen viel leichteren Stand. "Wir gehören zu einer Regierungspartei, die Krieg geführt hat", spricht Wieland einen wunden Punkt zwischen den Parteiflügeln an. Wieland fordert eine programmatische Klärung und eine Positionsbestimmung: "Was ist heute eine grüne Metropolenpartei?"

Für parteiinterne Kritiker wie beispielsweise die ehemalige Schulsenatorin Sybille Volkholz, heute Sprecherin der Grünen-Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung, "braucht die Berliner Partei wieder ein strategisches Zentrum". Die Wahl von Renate Künast, der ehemaligen Berliner Fraktionschefin, zur Bundesvorsitzenden oder der Wechsel der Grünen-Haushaltsexpertin Michaele Schreyer als EU-Kommissarin nach Brüssel hinterließen Spuren und Profilverlust. Andere sehen eine zu geringe Abgrenzung der Grünen zur PDS und fordern Konzepte. Die Grünen sind "wahrlich keine Kommunikationsexperten", sagt der Berliner Parteienforscher Richard Stöss. Was ihnen fehlt, sei ein scharfes Profil. Und dass die Partei nicht sensibel für Probleme der Öffentlichkeit ist, zeigt sich in dem aktuellen Umfrageergebnis. Bei der Benzinpreisdiskussion müssten die Grünen herhalten - trotz Regierungskoalition.

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