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Die Hand drauf. Der Bundespräsident liebt die Begegnung mit dem Volk. Hier trifft er junge Leute in einer Jugendherberge in Trier, zusammen mit derrheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (l., SPD). Am Freitag und Sonnabend lädt er zu sich ein, ins Schloss Bellevue, zu Ehren des Ehrenamts.

© Fredrik von Erichsen/dpa

Bürgerfest im Bellevue: Der Präsident lädt in sein Schloss

Der Präsident lädt ein ins Bellevue, zu Ehren des Ehrenamts. Am Freitag kommen tausende Freiwillige, und am Sonnabend kann jeder das Schloss und die Projekte näher kennenlernen. Aus einem Bankett wurde ein Bürgerfest.

Mit 80 Partnern erfährt das Bürgerfest des Bundespräsidenten so viel Unterstützung wie nie zuvor. Bereits zum dritten Mal lädt Bundespräsident Joachim Gauck zum Wochenende ins Schloss Bellevue. Am Freitag kommen 4000 geladene Gäste, die sich in der Gesellschaft ehrenamtlich engagieren, mit ihren Kindern. Am Sonnabend werden bis zu 15 000 Besucher erwartet, die Park und Schloss mal aus der Nähe besichtigen möchten. Im Mittelpunkt steht an beiden Tagen die Wertschätzung für all jene, die mithelfen, die Gesellschaft wärmer und menschlicher zu machen.

Am Freitag geht es dabei um die Vernetzung der bereits Engagierten, am Samstag auch um die Motivation, neue Helfer zu gewinnen. „Seit wir ein Bürgerfest der Ehrenamtlichen mit einem Bürgerfest der offenen Tür verbinden, sind wir immer wieder überwältigt von der Begegnung mit so vielen Ehrenamtlichen und interessierten Menschen“, sagte Bundespräsident Joachim Gauck vorab. „Das hat uns glücklich gemacht, und das wird in diesem Jahr ganz gewiss genauso sein.“ Für ihn und Daniela Schadt seien das zwei besonders schöne Tage, die sie im Park von Schloss Bellevue verbringen dürften. Dabei soll es aber keineswegs nur ernst zugehen. „Wir wünschen uns, dass dieses Fest wieder gelungene Unterhaltung im doppelten Sinne bieten soll: für alle, die kurzweilige Stunden im Park von Schloss Bellevue verbringen möchten, und auch für jene, die Anregung und Dialog suchen.“

Als Joachim Gauck nach seinem Amtsantritt entschied, das alte Sommerfest mit Politikern, Diplomaten und Prominenten durch ein Bürgerfest zu ersetzen, hatte das Organisationsteam nur vier Monate Zeit, um das neue Format zu stemmen. Es sollte zunächst auch nur ein Experiment sein. Inzwischen hat sich das Experiment bewährt, und die Mitarbeiter im Bundespräsidialamt haben das Format weiterentwickelt und perfektioniert.

Zum ersten Mal müssen Partner nicht unbedingt Geld mitbringen. In diesem Jahr reicht bei einigen auch die Substanz. Die Grünen Damen und Herren der Arbeitsgemeinschaft Evangelische Krankenhaus-Hilfe zum Beispiel laden in einem simulierten Krankenzimmer dazu ein, sich in die Alltagssituation Ehrenamtlicher hineinzuversetzen. Außerdem haben sie einen Alterssimulationsanzug dabei.

Eine wichtige Neuerung ist der Ort der Begegnung. Im vergangenen Jahr hatte man zum ersten Mal einen solchen Ort geschaffen, an dem Ehrenamtliche sich treffen konnten, die Interesse am Erfahrungsaustausch haben. Beim Feedback-Gespräch im Anschluss des Festes sei herausgekommen, dass dieses Format auf besonders viel Resonanz stieß, erzählt der organisatorische Leiter des Festes, Dieter Kalthoff. Deshalb habe das Bundespräsidialamt selbst die Regie übernommen. Zusammen mit dem Kabarettisten Eckart von Hirschhausen und weiteren Partnern wurden in den vergangenen Wochen Schwerpunktthemen entwickelt. Zwischen 18 und 20 Uhr wird der Gründer der Stiftung „Humor hilft heilen“ drei Gesprächsrunden moderieren zu Themen, die wichtig sind für Engagierte. Es geht um Fundraising von der Großspende bis zum Crowdfunding und darum, welche Methoden sich besonders bewährt haben. Unter anderem teilt die renommierte Fundraising-Expertin Marita Haibach ihre Erfahrungen mit den Zuhörern. Der in Afrika engagierte Frontmann der Kölner Band BAP, Wolfgang Niedecken, spricht mit, wenn es um die Wirkung von ehrenamtlichem Engagement und deren Erfassung und Dokumentation geht. Und der Berliner Aktivist Raul Aguayo Krauthausen ist mit dabei in der Runde „Digitales Engagement: mit Bits und Bytes zur Best Practice“.

Für den Internetunternehmer und Juristen Gernot Halbleib ist die Aussicht auf Erkenntnisgewinn der größte Anlass zur Vorfreude auf das Fest. „Es macht immer viel Spaß, sich auszutauschen und von spannenden Erfahrungen anderer zu hören“, sagt der 31-Jährige, der sich seit seinem 16. Lebensjahr engagiert. Zunächst half er älteren Menschen, mit dem Internet warm zu werden. Dann gründete er einen Schülerpatendienst für Jugendliche mit arabischem Migrationshintergrund. Für die Ehrenamtlichen selbst sei die Anerkennung gar nicht so wichtig, weil sie die eh aus der Tätigkeit selbst zögen, glaubt er. „Da spürt man schon große Dankbarkeit.“ Viel wichtiger findet er die Tatsache, dass solch ein Bürgerfest Wertschätzung gegenüber dem Ehrenamt selbst schafft: „Das fördert Nachahmer. Ich erhoffe mir davon, dass andere motiviert werden, einmal in der Woche einem Schüler Chancen zu eröffnen, die sie selber auch hatten.“

Solche Chancen eröffnet auch die „Stiftunglife“. Deren Vorsitzender, Jürgen Gessner, kommt eigens aus München angereist. Unter anderem unterstützt die Stiftung zwei medizinische Schiffe in Myanmar. In vier Jahren konnten so 15 000 Patienten in entlegenen Ecken versorgt werden – für 5000 Euro im Monat. Das zweite Schiff hat Daniela Schadt beim Staatsbesuch getauft. So was verbindet natürlich. Aber Gessner und seine Mitstreiter, darunter in Berlin Botschafter a. D. Bernhard von der Planitz, unterstützen auch rund 100 Studenten, die vom Dorf kommen und Einser-Abschlüsse haben. Die werden im eigenen Land von Khin betreut, einer ehemaligen Lehrerin. Da sie gerade in Deutschland zu Besuch ist, darf sie mitkommen zum Fest: „Das ist natürlich ein Glanzpunkt“, sagt Gessner.

Für viele Teilnehmer ist das Fest ein Glanzpunkt. Schon die festlichen Einladungskarten, die gleichen, wie sie auch die Gäste eines Staatsbanketts bekommen, halten viele noch lange danach in Ehren, da sie ja nicht zu jenen gehören, die ständig zu Hauptstadt-Empfängen eingeladen werden. Unter den Gästen sind auch Bedürftige, die Unterstützung bei den Fahrtkosten brauchen. In diesem Jahr hat ein Busunternehmen 200 Freifahrten gespendet. In den vergangenen Jahren habe es von den Gästen, für die dieser Abend ein Ausflug in eine ganz neue Welt war, Hunderte von Dankeschönschreiben gegeben, erzählt Dieter Kalthoff. Er selbst ist stolz darauf, dass der Einlass beschleunigt und optimiert werden konnte und hofft, dass die Besucher keine großen Taschen mitbringen. Zum ersten Mal ist ein türkischstämmiger Döner-Unternehmer mit dabei, zum ersten Mal gibt es auch veganes Essen. Viele Gäste lernt der Bundespräsident bei Besuchen besonders interessanter sozialer Projekte kennen. Die Einladungen spricht er dann auch mal persönlich aus.

Sein Team im Bundespräsidialamt legt viel Wert darauf, die ernsten Themen mit Spiel und Spaß zu verbinden. Am Samstag etwa, wenn alle Bürger kommen können, findet am Ort der Begegnung im Präsidentengarten ein Engagement-Typ-Test statt. Für jeden Typ stehen Experten bereit, die mit den Gästen konkrete Formen des Engagements erörtern. An beiden Tagen gibt es einen Baum der Anerkennung und ein virtuelles Glücksrad mit Infos zum Thema digitales Engagement. Das wird immer wichtiger.

Auch die Mitarbeiter des Bundespräsidenten sind immer wieder neu beeindruckt. Vergangenes Jahr trat ein Chor auf, dessen Sänger das Downsyndrom haben. Von dem waren alle so beigeistert, dass er diesmal das Programmheft für den Freitag ziert. An beiden Tagen treten Künstler ohne Gage auf, am Freitag zum Beispiel BAP und der Kabarettist Mathias Richling, am Samstag unter anderem Echo-Gewinner Tim Bendzko, der Poetry Slammer Lars Ruppel und das Bundesjugendorchester. Der Spaß am Miteinander soll zu spüren – und zu hören sein.

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