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Berlin: Bürgerkriegsflüchtlinge: Neue Hoffnung nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Asylrecht

Der migrationspolitische Sprecher der Berliner Bündnisgrünen, Hartwig Berger, fordert das Land Berlin auf, als Reaktion auf eine jetzt bekannt gewordene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts den in Berlin lebenden Flüchtlingen aus Afghanistan und Somalia statt einer Duldung eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. "Auch wenn das Land keine Hoheit in Asylfragen hat, muss die Innenverwaltung auf dieses Urteil reagieren", so Berger.

Der migrationspolitische Sprecher der Berliner Bündnisgrünen, Hartwig Berger, fordert das Land Berlin auf, als Reaktion auf eine jetzt bekannt gewordene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts den in Berlin lebenden Flüchtlingen aus Afghanistan und Somalia statt einer Duldung eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. "Auch wenn das Land keine Hoheit in Asylfragen hat, muss die Innenverwaltung auf dieses Urteil reagieren", so Berger. Die Sprecherin der Innenverwaltung, Isabelle Kalbitzer, weist die Notwendigkeit zum Handeln zurück: Asylangelegenheiten seien Bundessache, "wir sehen dort keinen Handlungsbedarf".

Hintergrund ist eine Entscheidung des BVerfG, die die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Falle von sieben afghanischen Flüchtlingen korrigiert. Darin lockern die Karlsruher Richter die Anforderungen, die an die zur Gewährung von Asyl notwendige "staatliche Verfolgung" gestellt werden. Auch in Bürgerkriegsgebieten kann demnach von einer der Parteien eine "quasi-staatliche" Verfolgung ausgehen, wenn diese in einem "Kernterritorium" ein relatives Herrschaftsgefüge errichtet habe. Der Fall der sieben Flüchtlinge muss nun vom Bundesverwaltungsgericht in Berlin erneut verhandelt werden.

Bisher waren Asylanträge aus bürgerkriegsgeschüttelten Ländern wie Afghanistan, Somalia oder Sierra Leone regelmäßig mit der Begründung abgewiesen worden, da dort nicht im eigentlichen Sinne ein Staat existiere, könne es auch keine staatliche Verfolgung geben. In Zukunft müssen sich die Gerichte nichtsdestotrotz mit den einzelnen Fällen auseinandersetzen.

Nach Angabend es Büros der Berliner Ausländerbeauftragten leben 815 afghanische Staatsangehörige in Berlin. 20 von ihnen sind zurzeit im Besitz einer Duldung - das heißt, sie können nicht abgeschoben werden, haben hier aber kaum Rechte und unterliegen dem Arbeitsverbot. 133 Somalis leben nach offiziellen Angaben in der Stadt. Doch auch Flüchtlinge aus diversen anderen Ländern wie Sierra Leone oder Algerien könnten unter Umständen von dem Urteil profitieren.

Ob Flüchtlinge, die bereits ein Asylverfahren durchlaufen haben und abgelehnt wurden, nun erneut den Rechtsweg einschlagen dürfen, ist nach Auskunft des Sprechers der Bundesausländerbeauftragten, Bernd Knopf, allerdings noch unklar. "Wir begrüßen, dass die Entscheidung endlich eine wichtige Schutzlücke schließt", erklärte Knopf gegenüber dem Tagesspiegel. Ob der Karlsruher Beschluss allerdings die für eine Wiederaufnahme eines Verfahrens notwendige Änderung der Rechtslage darstelle, werde zurzeit noch geprüft. Anderenfalls würde sich die Entscheidung lediglich auf laufende und kommende Verfahren auswirken. "Dann aber", so Knopf, "wird stärker als bisher entscheidend sein, ob politisch verfolgt wird und nicht, wer verfolgt". Bundesweit wurden im vergangenen Jahr etwa 4500 Asylanträge von afghanischen Staatsangehörigen gestellt; aus Somalia waren es 600.

Jeannette Goddar

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