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Bürgerportal "Maerker": Mitregieren per Mausklick

Vom Schlagloch bis zu Rattenplage - Die Internetseite Maerker ermöglicht es Bürgern in Brandenburg sich mit ihren Anliegen direkt an ihre Gemeinde zu wenden und sie zum Handeln zu bewegen. Ende 2012 soll das auch in Berlin möglich sein.

Lob hört Wolfgang Mauermann selten. Als Leiter des Ordnungsamtes Berlin-Lichtenberg hat er sich an Beschimpfungen gewöhnt, an wütende Anrufer, die über Knöllchen und Hundekot schimpfen. Man zahle ja schließlich Steuern, heißt es immer wieder. Jetzt haben ihn innerhalb weniger Tage gleich drei E-Mails erreicht in denen sich die Absender unter anderem für beräumte Radwege bedanken. „Das ist ein riesiger Ansporn für unsere Arbeit“, sagt Wolfgang Mauermann.

Derzeit testet das Ordnungsamt im Bezirk Lichtenberg Maerker, eine Internetseite auf der Bürger Meldung über lichtlose Straßenlaternen, zurückgelassenen Müll oder unbefahrbare Straßen machen. Wer will kann noch ein Foto einfügen - fertig. Die Anfrage landet direkt beim Ordnungsamt Lichtenberg, wo sie innerhalb von drei Tagen bearbeitet wird. Dazu haben sich Wolfgang Mauermann und seine drei Mitarbeiter verpflichtet. Auf Maerker informieren sie die Bürger über ihre Fortschritte, schriftlich aber auch mithilfe einer virtuellen Ampel: rot = Schaden gemeldet; gelb = Verwaltung teilt mit, was jetzt geschieht; grün = erledigt. Und grün-gelb: Wir sind leider nicht zuständig. Für den Bezirk Lichtenberg gingen seit dem Start im Oktober 62 Hinweise ein.

Die Idee für  Maerker entstand  durch Zufall im E-Government-Referat des Innenministeriums in Brandenburg: 2008 sollte ein Preis an die Kommune gehen, die ihre Bürger elektronisch am besten mit einbezieht. Eine schöne, eine große Idee, doch damals ging sie total an der Realität vorbei. Wer seiner Gemeinde etwas zu sagen hatte fand auf den Internetseiten der Kommunen lediglich eine Telefonnummer, Mailadressen und manchmal auch ein Onlineformular, das nach dem Absenden der Anfrage ein elektronisches „Vielen Dank“  generierte. Manche Kommunen hatten es mit Gästebüchern versucht. Doch nachdem dort vor allem Beleidigungen und Spambotschaften aufliefen, schloss man sie schnell wieder. Für den Preis gab es keine einzige Bewerbung.

„Damals begannen wir uns Gedanken zu machen, was wir eigentlich unter Bürgerbeteiligung im Internet verstehen“, sagt Frank Schiersner, Webredakteur von Maerker. Eine Kollegin zeigte ihm Fixmystreet,  eine Internetseite aus Großbritannien auf der jeder mit wenigen Klicks auf Probleme in seiner Stadt aufmerksam machen kann - Autowracks, die auf Gehwegen verrotten, verwilderte Grünflächen. Die Anfragen werden an die entsprechenden Behörden weitergeleitet. Verändern durch anprangern, ein einfaches Konzept mit großer Wirkung: Seit dem Start von Fixmystreet im Frühjahr 2007 gab es bisher 200 000 Anfragen von denen 70 000 den Status „erledigt“ haben. 52 Prozent der Nutzer wandten sich über die Internetseite zum ersten Mal an ihre Verwaltung. Öffnungszeiten oder die Suche nach dem richtigen Ansprechpartner – alles Hürden, die Fixmystreet überwindet.

Die Idee ist bisher einzigartig in Deutschland

„Das können wir auch“, hieß es in Brandenburg. Die passende Nutzeroberfläche zu programmieren war das geringste Problem. Viel schwieriger war es die Kommunalverwaltungen von Maerker zu überzeugen. Denn anders als Fixmystreet, das von einer Nichtregierungsorganisation betrieben wird und Hinweise ungefiltert weitergibt, ist Maerker auf die direkte Beteiligung der Kommunen angewiesen. Anfragen landen nicht sofort auf der Internetseite, sondern müssen erst von jemandem gelesen, freigegeben und beantwortet werden. Dieser jemand muss in der Verwaltung sitzen, „Der Bürger soll das Gefühl haben, dass man sich kümmert“, sagt Frank Schiersner.

Wie sie das denn noch schaffen solle, fragte ihn vor kurzem eine verzweifelte Frau am Telefon. Auch ihre Kommune hat sich für Maerker entschieden. Sie soll in Zukunft die Anfragen bearbeiten. Schiersner hört das nicht zum ersten Mal. 36 Kommunen aus Brandenburg sind mittlerweile an Maerker beteiligt, sie alle hatten vor allem Angst vor zusätzlicher Belastung. Doch immer passierte genau das Gegenteil. „Früher riefen mehrere Leute wegen demselben Problem an. Heute schauen sie auf die Internetseite und sehen, dass da bereits dran gearbeitet wird, sie sich also nicht mehr kümmern müssen. Das spart den Mitarbeitern Zeit und Nerven“, sagt Frank Schiersner.

Maerker ist bisher einzigartig in Deutschland. Jede Woche melden sich Gemeinden aus dem ganzen Bundesgebiet bei Frank Schiersner, auch sie wollen dazugehören. Doch die Internetseite ist brandenburgisches Hoheitsgebiet. Hier zeigt sich der entscheidende Nachteil gegenüber Fixmystreet – während dort Hinweise von Schottland bis Wales eingehen, scheitert ein deutschlandweiter Maerker am Föderalismus und der damit verbundenen Bürokratie. Bisher will nur das Land Berlin mit einem eigener Internetseite nachziehen. Ende 2012 sollen die Ergebnisse aus der Testphase im Bezirk Lichtenberg vorliegen. „Eigentlich machen wir nichts, was wir nicht auch vorher auch gemacht haben. Nur jetzt kann der Bürger alles viel besser nachvollziehen“, so Wolfgang Mauermann.

Antonie Rietzschel

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