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Berlin: Bundespräsident: Musik gibt es nur noch als Berieselung Johannes Rau eröffnete Fachkongress und lädt ins Bellevue

„Ich habe früher selbst Geige geübt – bis dann irgendwann die Lärmschutzregelung in Kraft trat.“ Bundespräsident Johannes Rau nimmt es leicht, dass er nicht zum musikalischen Superstar wurde.

„Ich habe früher selbst Geige geübt – bis dann irgendwann die Lärmschutzregelung in Kraft trat.“ Bundespräsident Johannes Rau nimmt es leicht, dass er nicht zum musikalischen Superstar wurde. Um so ernster wird er, wenn es darum geht, das Recht eines jeden Kindes auf die Chance zur musikalischen Bildung zu betonen. Am heutigen Dienstag hat er aus diesem Anlass Musiker von Philharmoniker-Chef Simon Rattle über die Prinzen bis hin zum Berliner Glockenspielorchester zum Projekttag „Musik für Kinder!“ ins Schloss Bellevue eingeladen.

Ernste Worte zum Zustand der musikalischen Bildung fand er gestern zur Eröffnung des Kongresses „Musik bewegt?!“, zu dem der Deutsche Musikrat als Dachverband des Musiklebens in Deutschland ins Staatsratsgebäude geladen hatte. Rau nannte keine Prozentzahlen ausgefallenen oder gestrichenen Musikunterrichts an Kindergärten und Schulen. Aber seine Zustandsbeschreibung blieb so düster wie unwidersprochen: Die allgemeine Berieselung nehme zu, das aktives Musizieren nehme ab, das Gefühl für Qualität schwinde, der Gesellschaft drohe eine „musikalische Versteppung“. Wie man musikalische Bildung besser unterstützen könne, dem sollte das erste der namhaft besetzten Podien aus Intendanten, Dirigenten, Politikern, Produzenten, Wissenschaftlern und Pädagogen nachgehen.

Der Dirigent Gerd Albrecht berichtete von erschütternden Erfahrungen beim Versuch, in einer schlecht ausgestatteten Berliner Grundschule zu unterrichten. Er forderte „politische und finanzielle Unterstützung und Lobbyismus in den Medien.“ Fehlenden Lobbyismus bestätigte auf ihre Weise auch Karin Wolff, die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz: Man sei sehr wohl aktiv, obwohl einen gewiss kein Volksbegehren zwingen würde, sich für mehr musikalische Bildung einzusetzen. Etwas leidenschaftlicher plädierte hingegen Thomas Stein, Präsident von BMG in Deutschland dafür, als Entscheidungsträger gemeinsam die Hausaufgaben zu machen. Dass es nicht an musikalischem Interesse der Jugendlichen fehle, bewiesen auch die zehntausenden von Bewerbern einer Veranstaltung wie „Deutschland sucht den Superstar“: Jugendliche, die in ihrer Leistung bewertet sein wollten, auch wenn sie nicht alle Musik als Abiturfach gewählt hätten. Carsten Niemann

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