zum Hauptinhalt
Christian Ströbele

© dpa

Bundestag: Christian Ströbele will es noch einmal wissen

Ein möglicher Alterspräsident im Berliner Bezirk mit der jüngsten Altersstruktur: Mit 69 Jahren tritt der Grünen-Politiker Christian Ströbele zum dritten Mal als Bundestags-Direktkandidat in Friedrichshain-Kreuzberg an.

Von Sabine Beikler

Dieses Gespräch war für Christian Ströbeles Entscheidung, das dritte Mal als Direktkandidat in Friedrichshain-Kreuzberg anzutreten, ausschlaggebend: ein Telefonat mit seiner Frau, die als Ethnologin zurzeit in Bolivien arbeitet. Wie er seine Frau von seinem Entschluss, mit 69 Jahren noch einmal in einen harten Bundestagswahlkampf zu ziehen, überzeugt hat, weiß man nicht. Aber Ströbele, der nicht raucht, keinen Alkohol, keinen Kaffee, dafür viel Milch trinkt, fühlt sich fit für weitere Jahre in der Bundespolitik: „Mein Alter ist kein Mangel für die Politik. Genauso wenig ist Jung sein die Gewähr für eine gute Politik. Und Alter ist auch kein Grund, nicht mehr politisch aktiv zu sein. Deshalb trete ich noch einmal als Direktkandidat an“, sagte Ströbele gestern dem Tagesspiegel.

Wie schon 2002 und 2005 werde er auf eine Nominierung auf der grünen Landesliste verzichteten, die am 9. November aufgestellt wird. „Als direkt gewählter Kandidat werde ich wirkungsvoller gehört“, sagt der Grünen-Politiker. Bei der Bundestagswahl 2005 erzielte er in Friedrichshain-Kreuzberg einen phänomenalen Sieg: Mit 43,2 Prozent verteidigte er sein Direktmandat für den Bundestag und verwies den SPD-Kandidaten Ahmet Iyidirli mit 22,4 Prozent oder 36 312 Stimmen Vorsprung auf den zweiten Platz. Ströbele legt auch heute noch Wert auf die Feststellung, dass nicht nur Szenemenschen ihr Kreuzchen bei seinem Namen gemacht hätten, sondern auch Bürger, die mit der Erststimme nicht die Grünen wählen. „Das hat meine Entscheidung mitgeprägt, zu kandidieren.“

Ströbele hat das Image, bürgernah zu sein und ein gesinnungsfester Politiker zu sein. „Ich wähle zwar nicht grün, aber Sie, Herr Ströbele, weil Sie einer der wenigen aufrichtigen Politiker sind“, hörte der Altlinke während seiner Wahlkampftouren häufig. Ströbele macht aus seinem politischen Bewusstsein keine Mördergrube: Als Ex-Bundeskanzler Schröder die Vertrauensfrage über eine deutsche Beteiligung an einem Militäreinsatz in Afghanistan stellte, ließ sich Ströbele nicht beirren und stimmte mit drei anderen Grünen gegen eine deutsche Beteiligung. „Ich leide auch heute noch persönlich unter der Entwicklung in Afghanistan“, sagt Ströbele.

Mit seiner Kandidatur bringt der Grüne seinen Kreisverband in Friedrichshain-Kreuzberg aus einer Bredouille: Wäre Ströbele nicht angetreten, hätten die Grünen dort ein Personalproblem gehabt. Denn ein Kandidat von dem Format und der Popularität eines Ströbele gibt es nicht. Zwar wäre der Grünen-Bildungspolitiker Özcan Mutlu für eine Kandidatur „bereit gestanden, wenn es der Kreisverband gewollt hätte“, wie er dem Tagesspiegel sagte. Doch Mutlu wäre bei dem traditionell links ausgerichteten Kreisverband wegen seiner realpolitischen Ansichten nicht unumstritten gewesen.

Der Schulpolitiker wiederum will auf der Landesliste zur Bundestagswahl, die die Partei im November aufstellt, auf Platz vier kandidieren. Bislang sind nur zwei Kandidaten sicher auf der Liste gesetzt: die grüne Fraktionschefin im Bundestag, Renate Künast, auf Platz eins und der Innenpolitiker und Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland auf Platz zwei. Die Landesparlamentarier Lisa Paus und Alice Ströver treten auf Platz drei der Liste gegeneinander an. Sichere Chancen auf den Einzug in den Bundestag bieten aber nur die ersten beiden Listenplätze. Bei der letzten Bundestagswahl erzielten die Berliner Grünen 13,7 Prozent. Die Grünen-Politikerin Sibyll Klotz auf dem dritten Listenplatz verpasste damals knapp ein Mandat für den Bundestag.

Zur Startseite