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Sicherheit geht vor. Seit der Terrorwarnung sind die Kontrollen für Besucher des Reichstags verschärft worden. Jetzt soll auch die Vergabe von Hausausweisen überprüft werden. Foto: Steffen Tzscheuschner

© Tzscheuschner

Berlin: Bundestag schaut bei Hausausweisen genauer hin

23 000 Personen besitzen eine Zugangsberechtigung – zu viele, meint die Verwaltung

Der Terror hat den Bundestag erreicht. Seit Wochen gibt es, nach den Warnhinweisen auf Anschlagspläne Ende November, strengere Zugangskontrollen. In die Kuppel darf auch nicht mehr jeder. Und nun sollen sogar eklatante Sicherheitslücken aufgedeckt worden sein, aufgelistet in einem Papier der Bundestagsverwaltung, das am Montag bekannt wurde. Ein besonders hohes Sicherheitsrisiko entdeckten die Beamten offenbar bei den Hausausweisen, genauer: der hohen Zahl der Plastikkarten, die einen privilegierten, in der Regel unkontrollierten Zugang zum Parlament und allen Nebengebäuden ermöglichen. Ausweis hochhalten – und man ist drin. 23 000 dieser Ausweise gibt es derzeit, und das hat offenbar bei einigen Abgeordneten zu Stirnrunzeln geführt.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) regt an, den einen oder anderen Ausweis nicht mehr zu gewähren. In der Tat überlegen die Sicherheitsbeauftragten der Fraktionen, ob und wie man die Zahl verringern kann und welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden müssen, um einen Terrorschlag zumindest zu erschweren. Ganz einfach ist das freilich nicht, will man das Parlament nicht zu einer Festung machen. „Das Ziel ist, die Offenheit des Hauses auch in diesen Zeiten zu erhalten, aber dennoch etwaige Sicherheitsrisiken auszuschalten“, sagte Volker Beck, der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, dem Tagesspiegel. Und eine Frage, die man da zu klären habe, sei eben die Zahl der Hausausweise.

Aber wem nehmen? Alle 622 Abgeordneten besitzen einen, alle Mitarbeiter der Abgeordneten natürlich auch. Dazu kommen noch die Bundestagsbediensteten. Insgesamt sind das, Praktikanten eingeschlossen, schon weit mehr als 8000 Plastikkarten, die wohl sein müssen. Daher hat man andere Gruppen im Visier: Journalisten undHandwerker etwa. Es gibt etwa 4500 besondere Hausausweise für Journalisten, die sich als Parlamentsberichterstatter akkreditiert haben. Dazu gehören auch Kameraleute und Mikrofonträger. Etwa 3500 Ausweise sind an Handwerker und Lieferanten ausgegeben worden, die öfter mit dem Bundestag zu tun haben, die Serviceverträge besitzen, die Notdienste verrichten. Inwieweit es in diesen Gruppen eine Frage der Ehre geworden ist, einen Bundestagsausweis zu besitzen, dem gehen nun die Zuständigen nach.

Aber was soll das Ausschlusskriterium sein? Und welches Sicherheitsrisiko geht von Politikjournalisten aus? Oder von Berliner Installateurfirmen? Und wie hoch ist der bürokratische und personelle Aufwand, an Stelle der Dauerausweise vieltausendfach Tagesausweise auszustellen? Zu den Überlegungen gehört offenbar auch, ein neues System mit maschinenlesbaren Karten einzuführen. Aber hierbei gibt es möglicherweise Datenschutzprobleme.

Die Terrorwarnungen haben auch die älteren Pläne beflügelt, dem Bundestag ein Besucherzentrum anzufügen. Damit könnte man, hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) erkannt, zweierlei erreichen: Die Besucher müssten nicht mehr in langen Schlangen vor dem Reichstag warten, was nicht nur im kalten Winter unangenehm ist, und man könnte die Sicherheitskontrollen (und auch die Garderoben) außerhalb des Parlaments ansiedeln. Mehrere Varianten sind im Gespräch und werden auch unter Kostenargumenten geprüft. Die Platzsituation ist jedoch ungünstig. Vor dem Hauptzugang zum Reichstag geht es nicht, weil man den Blick aufs Parlament nicht verstellen möchte. Eine unterirdische Variante könnte zu teuer werden. Die Grundstücke an der Scheidemannstraße gehören zudem dem Land Berlin. Hinter dem Wallot- Bau oder am Reichstagsufer wiederum ist es relativ eng. Und die Möglichkeit, etwas weiter weg zu bauen und Shuttle-Busse einzusetzen, klingt auch nicht wie eine einfache Lösung. Beschlossen ist daher noch nichts. Albert Funk

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