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Berlin: Busfahrer sollen hinter Glas

Nach den Angriffen vom Wochenende fordern auch Personalrat und Gewerkschaft mehr Schutz

Angesichts zunehmender Angriffe auf Busfahrer denken die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) über geschlossene Kabinen für das Fahrpersonal nach. „Wir überlegen, wie wir unsere Fahrer besser schützen können“, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz am Montag. Bislang verhindere das EU-Recht geschlossene Kabinen, da es in solchen Fällen eigentlich eine Tür vorschreibe, die vom Fahrersitz direkt nach außen führe. „Wir können in unsere Busse aus technischen Gründen dort aber keine weitere Tür einbauen“, sagte Reetz. Nun diskutiere man Vorschläge für geschlossene Kabinen, in denen eine Tür vorgesehen sei, die immerhin in den Fahrgastraum des Busses führe.

Vor einigen Jahren hatte die BVG einen Teil ihrer Busse mit Plexiglasscheiben ausgerüstet, die die Fahrer gegen Angriffe von hinten abschirmen sollen. Doch dies reiche nicht aus, hieß es von Mitarbeitern der BVG. Erst am vergangenen Wochenende wurde in Pankow ein Nachtbusfahrer bei einem Angriff durch einen Steinwurf verletzt. Der Fahrer konnte seinen Dienst nicht fortsetzen. Noch in derselben Nacht hatte es in Weißensee einen weiteren Vorfall gegeben.

„Einige Fahrgäste sind ziemlich aggressiv“, sagte Thomas Lutringer, der derzeit einen Ersatzbus für die unterbrochene U-Bahnlinie 9 fährt. In einer Kabine würde er sich wahrscheinlich sicherer fühlen. Die meisten Fahrer würden ebenfalls mehr Schutz begrüßen, hieß es vom Personalrat. „Die Gesellschaft verroht immer mehr, Busfahrer bekommen das besonders zu spüren“, sagte Personalratsmitglied Carsten Brennecke. Im vergangenen Jahr hatte die BVG knapp 200 Angriffe auf Busfahrer gezählt – 13 mehr als im Jahr zuvor.

Unterstützung für die Bemühungen um mehr Sicherheit bekommt die BVG von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die zahlreiche Busfahrer vertritt. Da das EU-Recht feste Kabinen ohne zusätzliche Tür untersage, müsse man über einen stärkeren Schutz durch verschiebbare Plexiglasscheiben nachdenken, sagte Verdi-Experte Lothar Andres. Denkbar sei etwa eine Schutzscheibe, die bei einem Angriff aus der Decke des Busses herausgezogen werden könne. Bei Gefahr könne sich der Fahrer dann aus verschiebbaren Schutzscheiben eine Art Kabine schaffen.

Gewerkschafter und BVG-Mitarbeiter betonten, dass es in keiner deutschen Großstadt so viel Gewalt im Nahverkehr gebe wie in Berlin. Übergriffe im öffentlichen Raum seien jedoch ein Problem der gesamten Gesellschaft. „Die Auseinandersetzung mit Gewalt ist auch Aufgabe des Senats“, sagte Andres. Aus der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hieß es allerdings, etwaige Kosten für das Nachrüsten von Bussen müsse die landeseigene BVG selber tragen. „Die Sicherheit unserer Fahrer ist uns etwas wert“, sagte Reetz. Doch über die Finanzierung der Maßnahmen werde man diskutieren müssen, wenn es konkrete Kostenvoranschläge gebe.

Die BVG betreibt tagsüber 146 und nachts 62 Buslinien und beschäftigt etwa 3500 Busfahrer. Hannes Heine

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