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Zusteigen, bitte! Stephanie Mikolay ist eine der ersten zehn Frauen, die von der Agentur für Arbeit an die BVG vermittelt wurden - und sich dort zur Busfahrerin ausbilden lassen. In den nächsten Wochen startet sie in den Beruf.

© Christian Mang

BVG: Gleichberechtigung auf ganzer Linie

Busfahrer gilt als klassischer Männerberuf – das wollen die Berliner Verkehrsbetriebe ändern. Seit dem Frühjahr bilden sie arbeitslose Frauen zu Fahrerinnen aus. Jetzt setzen sich die ersten ans Steuer.

Eine Frau mit freundlichem Gesicht steht vor einem gelben Bus in der Sonne und lächelt. In der Hand hält sie ein bedrucktes Papier, in ihrem Arm liegt ein großer Blumenstrauß. Stephanie Mikolay hat eben ihr Ausbildungszeugnis erhalten, in ein paar Wochen wird sie ihren neuen Job beginnen. Und weil ihr Arbeitsplatz dann hinter der Windschutzscheibe des gelben Busses liegt, drängen sich jetzt Fotografen um sie, sogar BVG-Chefin Sigrid Nikutta will mit aufs Bild.

Bis zum Frühjahr war Mikolay nämlich arbeitslos, ein Jahr lang. Bis die Beraterin im Jobcenter Wedding eines Tages fragte: „Können Sie sich vorstellen, Busfahrerin zu werden?“ Die 27-Jährige überlegte kurz und sagte: ja. Und so wird die gelernte Altenpflegerin bald einen der gelben Busse durch Berlin steuern.

Ihren Berufswechsel verdankt Mikolay einem neuen Ausbildungsprogramm der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und der Agentur für Arbeit in Mitte. Das Programm richtet sich an Frauen, die längere Zeit nicht im Berufsleben waren – alleinerziehende Mütter und Langzeitarbeitslose. Die ersten zehn Teilnehmerinnen haben am Montag ihre Zeugnisse erhalten. Sie sind zwischen 27 und 49 Jahre alt und haben vorher als Zahnarzthelferinnen, Friseurinnen oder Verkäuferinnen gearbeitet. Die Agentur für Arbeit will die Weiterbildung von Frauen fördern – sie nennt das „Perspektive Wiedereinstieg“. Ramona Schröder von der Arbeitsagentur Berlin-Mitte sagt: „Eine Weiterbildung steigert die Beschäftigungschancen von alleinerziehenden Frauen enorm.“

Die BVG auf der anderen Seite will mehr Frauen einstellen – nur jeder 20. Bus wird bislang von einer Frau gelenkt. In der öffentlichen Wahrnehmung gelte der Job des Busfahrers noch immer als klassischer „Männerjob“, sagt Ines Schmidt, die bei der BVG die Interessen der Frauen vertritt. Sie hätte gerne viel mehr weibliche Bewerbungen – selbst wenn sie ab sofort nur noch Frauen einstellen würde, wäre die Quote erst im Jahr 2080 bei 50 Prozent, sagt sie. Bei den Busfahrern sei das Problem: In den Kategorien des Arbeitsamtes gilt der Job als ein Weiterbildungsberuf für Menschen mit „technischem Hintergrund“. Einer gelernten Altenpflegerin wie Stephanie Mikolay hätte der Computer den Job nicht mal vorgeschlagen. Also hat Frauenvertreterin Schmidt durchgesetzt, dass das Jobcenter den „technischen Hintergrund“ aus der Beschreibung streicht – und weibliche Arbeitssuchende gezielt auf die Ausbildung zur Busfahrerin anspricht. „Die Busse sind zwar groß und schwer“, sagt Ramona Schröder von der Arbeitsagentur, „aber auch von Frauen ganz leicht zu lenken“.

Im Gebäude der Verkehrsakademie der BVG hängen Schaubilder von Druckluftbremsen an den Wänden, eine Tabelle zeigt die „Lenk- und Ruhezeiten“ von Busfahrern. In einem Besprechungsraum im ersten Stock sitzt Andrea Raabe. Sie hat als Busfahrerin „ihren neuen Traumberuf gefunden“, sagt sie. Raabe trägt Flannelhose und ein perfekt gebügeltes BVG-Hemd, ihre neue Uniform. Auch Raabe hat heute ihr Diplom erhalten, ab Oktober wird sie Busfahren. Davor hatte sie als Arzthelferin gearbeitet. Als sie in der Ausbildung zum ersten Mal alleine einen Bus fuhr, fragte ein kleiner Junge beim Einsteigen seine Mutter: „Darf die Frau das?“ Raabe und ihre neun Kolleginnen arbeiten daran, dass solche Fragen in Zukunft seltener werden. Jan Stremmel

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