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Berlin: BVG spart bei der Jagd nach Schwarzfahrern

Aufwand bei den Fahrscheinprüfungen wird reduziert, weil die Zahl der Sünder sinkt. Mehr Kulanz für versehentliche Falschfahrten

Aufwand bei den Fahrscheinprüfungen wird reduziert, weil die Zahl der Sünder sinkt. Mehr Kulanz für versehentliche Falschfahrten

Die BVG nimmt die Zunahme von Schwarzfahrern bewusst in Kauf. Das Nahverkehrsunternehmen lässt nämlich weniger intensiv kontrollieren. Der Aufwand dürfe nicht größer sein als der Nutzen, begründet die BVG diesen Schritt. In den vergangenen Jahren war nämlich die Zahl der Schwarzfahrer stetig zurückgegangen. Gleichzeitig will die BVG auch kulanter werden; wer aus Versehen einen falschen Fahrschein gekauft hat, soll nicht automatisch zu den Schwarzfahrern gezählt werden.

Bisher ist der Anteil der sogenannten Graufahrer, die versehentlich mit einem falschen Fahrschein unterwegs sind, mit rund 20 Prozent unter den ermittelten Schwarzfahrern relativ hoch. Vor allem Touristen werden hier oft als Schwarzfahrer eingestuft, die theoretisch dann das „erhöhte Beförderungsentgelt“ von 40 Euro zahlen müssen.

Abkassiert werden dann auch Fahrgäste wie eine über 80-jährige Frau, die einen Kurzstreckenfahrschein hatte und damit in der U-Bahn umgestiegen war. Dies ist nach den Beförderungsbestimmungen nicht zulässig. Die BVG hat das Verfahren am Ende aber eingestellt.

Kontrolleure nutzen das komplizierte Tarifsystem zum Teil aber auch bewusst aus, um unkundige Fahrgäste in die Falle laufen zu lassen. Beliebt sind bei Kontrolleuren der S-Bahn die jeweils ersten Stationen nach einem Wechsel der Tarifzone. Wer etwa vom Zentrum der Stadt nach Potsdam will, braucht einen ABC-Fahrschein für Berlin und das Umland. Das AB-Ticket fürs Stadtgebiet gilt hier nur bis Wannsee. Bei der Kontrolle auf der ersten Umlandstation in Griebnitzsee werden dann die oft unwissenden „Sünder“, die nur einen AB-Fahrschein haben, aus dem Zug geholt und abkassiert. Auch an anderen Übergangsstellen im Netz sind solche Kontrollen relativ häufig. Detaillierte Angaben zu den Schwarz- und Graufahrern machte die S-Bahn, anders als die BVG, auf eine kleine Anfrage der PDS-Abgeordneten Jutta Matuschek allerdings nicht.

Die BVG habe die Kontrolleure bereits in der Vergangenheit zu mehr Kulanz angewiesen, sagte Unternehmenssprecherin Petra Reetz. Und in der jetzt laufenden neuen Ausschreibung für die Fahrscheinkontrollen sei auch festgelegt worden, bei Graufahrern kulant zu sein.

Die Schwarzfahrerquote bei der BVG insgesamt lag zuletzt bei etwa drei Prozent. Weiter lasse sie sich nach Erfahrungen anderer Verkehrsbetriebe auch mit mehr Kontrollen nicht drücken, sagte Reetz.

Der Aufwand für die Kontrollen müsse sich aber auch rechtfertigen, sagte Reetz weiter. Nachdem es der BVG gelungen ist, durch intensive Kontrollen – und meist nicht gewährter Kulanz – die Zahl der ermittelten Schwarzfahrer von 210 155 im Jahr 2001 auf 584 175 im Jahr 2004 zu steigern, geht sie seither wieder zurück; im vergangenen Jahr erwischten die Kontrolleure rund 414 000 Sünder. Deshalb könne man die Kontrolldichte jetzt auch reduzieren, sagte Reetz. Die BVG sei aber in der Lage, die Kontrollen jederzeit wieder zu verstärken.

Zudem hat eine Studie des kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen belegt, dass sich vor allem Jugendliche durch verstärkte Kontrollen nicht abschrecken lassen, ohne Fahrschein unterwegs zu sein.

Entgegen kommt der BVG dabei auch, dass die Zahl der gefälschten Fahrscheine zurückgegangen ist. 2004 stellten die Kontrolleure noch 3815 gefälschte Tickets im Wert von 158 000 Euro sicher, im vergangenen Jahr dagegen waren es nur noch 855 Fälschungen im Wert von 35 000 Euro.

Während ein ertappter Schwarzfahrer in der Regel 40 Euro zahlen muss, kommt ein Autofahrer, der seinen Führerschein bei einer Kontrolle nicht vorzeigen kann, mit einem Verwarnungsgeld in Höhe von 10 Euro davon.

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