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Taxi

© Thilo Rückeis

BVG-Streik: Berliner Taxifahrer maulen trotz guter Geschäfte

Über den BVG-Streik wird viel gemeckert. Politiker sorgen sich um das Image der Stadt, der Einzelhandel klagt über Verluste - und die Berliner schimpfen, weil sie sich bei strömenden Regen mit dem Fahrrad abstrampeln müssen. Einzig die Taxifahrer müssten eigentlich mit einem Lächeln durch die Gegend fahren - müssten...

"Dank des Streiks machen wir 50 Prozent mehr Umsatz", sagt der Chef des Berliner Taxiverbandes, Detlev Freutel. Als vergangene Woche zudem noch die Besucher zur Internationalen Tourismusbörse in die Hauptstadt strömten, war das wie "Weihnachten und Geburtstag zusammen".

Doch die Taxifahrer bleiben auch zu Zeiten des Streiks ihrem Image als brummige Berliner treu. Werner P. legt gemächlich seine Tageszeitung auf den Beifahrersitz und kurbelt das Fenster herunter. "Ich fahre lieber Fahrgäste, die Taxi fahren wollen - und nicht müssen", stellt der grauhaarige Mann klar. Zudem beschere ihm der BVG-Streik höchstens ein bis zwei Touren mehr am Tag und das auch nur zwischen 4 und 6 Uhr morgens. "Dafür sind die Straßen brechend voll", klagt Werner P. Für eine Strecke im Wert von zwölf Euro brauche er sonst 20 Minuten, wegen des BVG-Streiks dauere es nun eine Stunde.

Für ein Haus auf Mallorca reicht es wohl nicht

Auch Robert L. ist über den Arbeitskampf nicht glücklich. "Im Gegenteil", betont der Taxifahrer. Nach seinem Umsatz befragt merkt er zynisch an: "Ich habe gerade mit meinem Makler wegen eines Hauses auf Mallorca telefoniert." Das sei ein Witz, fügt der grauhaarige Mann sicherheitshalber hinzu. An den ersten ein bis zwei Streiktagen hätten mehr Menschen ein Taxi gerufen, doch mittlerweile habe jeder Alternativen gefunden. Die Berliner holen ihre Fahrräder aus dem Keller, gründen Fahrgemeinschaften, und jeder Autobesitzer fährt nun mit dem Wagen zur Arbeit.

Der Ausstand bei der BVG bringt den Verkehr komplett durcheinander, klagt Robert L. und spricht von Chaos. "Ich bin froh, wenn der Streik vorbei ist und die Straßen nicht mehr verstopft sind", verkündet der Taxifahrer, zieht an seiner Zigarette und räumt selbstkritisch ein: "Na ja, gejammert wird ja immer."

20 bis 30 Prozent mehr Taxifahrer unterwegs

Nach Ansicht des Taxigewerbes gibt es derzeit keinen Grund für Klagen. "Wir haben durch den Streik bessere Umsätze, das merken wir schon", sagt der Chef der Berliner Taxinnung, Bernd Dörendahl. Nach den schlechten Geschäften in der Vergangenheit ist man über ein "kleines Plus" sehr dankbar. Sonst sind rund die Hälfte der 6860 Taxis in der Hauptstadt im Einsatz, jetzt sind 20 bis 30 Prozent mehr Kollegen unterwegs. Gerade während des Berufsverkehrs kommen sie mit den Fahrten kaum hinterher.

Ingo M. bleibt mit seinem Taxi lieber in den Außenbezirken. In der Innenstadt ärgert er sich über Fahrradfahrer, die über rote Ampeln heizen. "Taxifahren ist nicht mein Traumberuf", gesteht der kräftige Mann. Den Job mache er seit 34 Jahren. Durch den BVG-Streik habe er auch nicht mehr Geld im Portemonnaie. "In Mitte läuft es bestimmt besser", glaubt er. "Aber das ist mir zu stressig."

Die Gelegenheit will sich sein Kollege Jürgen B. nicht entgehen lassen. Er fährt ständig durch Mitte und sammelt an den Bushaltestellen Kunden auf. "Man muss ja auch was tun, damit das Geschäft läuft", sagt der gelernte Schriftsetzer. Er komme derzeit gar nicht zur Ruhe und fahre bis zu 50 Prozent mehr Touren pro Tag. Über den Streik ist Jürgen B. deshalb froh. Lediglich seine Frau beklage sich, weil sie zu Fuß zur S-Bahn laufen müsse. "Ich würde sie ja mit dem Taxi fahren, aber da müsste ich noch früher los", sagt er. "Außerdem tut Laufen gut", gibt er zu bedenken. (kj/ddp)

Kathrin Hedtke[ddp]

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